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Kupfer: Benchmark der Industriemetalle im Brennpunkt der Subprimekrise

10.09.2007 | 14:52 Uhr | Sven Streitmayer

Turbulentes Marktumfeld im August

Die heftigen Turbulenzen an den Aktien- und Kreditmärkten rund um den Globus sorgten in den vergangenen fünf Wochen auch für eine deutliche Korrektur der Basismetallpreise. So resultierte die Kombination aus Konjunkturängsten, Liquiditätskrise und einem sprunghaft gestiegenen Risikobewusstsein in einem breit angelegten Abverkauf jeglicher Risikoaktiva. Als Benchmark für den gesamten Industriemetallsektor verlor Kupfer besonders deutlich an Wert, in der Spitze rund 15%. An der Comex liquidierten die Investoren fast panikartig ihre Positionen. So ging die Anzahl offener Kontrakte binnen Monatsfrist um knapp 20% zurück. Die zuletzt wieder freundlicheren Vorgaben von den Finanzmärkten sorgten zusammen mit den robusten Fundamentaldaten auch für eine Entspannung an den Kupfermärkten. Seit dem Höhepunkt der Krise vor drei Wochen legten die Kupfernotierungen bereits wieder um rund 5% auf aktuell rund 7.400 USD (Spot) zu.



Leichte Zunahme der globalen Lagebestände

Im Juli und August verzeichneten die Kupferlagerbestände der Metallbörsen in London, New York und Shanghai zusammen genommen einen Netto-Zufluss von 5% auf aktuell rund 226.000 Tonnen. Angesichts des im Sommer traditionell geringeren Metallbedarfs in den westlichen Industrieländern ist dies nicht untypisch für diese Zeit. Der massive Lageraufbau an den LME-zertifizierten Warenhäusern (+26% seit Anfang Juli) geht dagegen überwiegend auf die niedrigeren Binnenpreise in China relativ zu LME-Kupfer zurück. Aus chinesischer Sicht machte die regionale Preisdifferenz, die in der Spitze bei 1.000 USD pro Tonne lag, den Re-Export des Metalls attraktiv. Tatsächlich ging der Großteil der jüngsten Zuflüsse in den LME-Lagern in Südkorea ein, während die Börse in Shanghai einen deutlichen Lagerabbau meldete. Bemerkenswert ist auch die aktuell hohe Konzentration bei den physischen Kupferbeständen der LME. Laut Warrant Banding Report verfügt ein Marktakteur derzeit über min. 80% aller Bestände.



Hohe Kupfernachfrage im 1. Hj. 2007

Nach Angaben der Brancheninstitution World Bureau of Metal Statistics summiert sich das Primärdefizit des globalen Kupfermarktes in den ersten sechs Monaten des Jahres auf 216.000 Tonnen ggü. einem Überschuss von 182.000 Tonnen im Vorjahreszeitraum. Der dominante Treiber hinter dieser Entwicklung ist abermals China. Die International Copper Study Group beziffert die Zunahme der chinesischen Kupfernachfrage von Januar bis Mai auf 37% (YoY), während die Nachfrage in Europa (EU15) und USA mit geschätzten 2,7% bzw. 3% rückläufig war.



[pagebreak]Der Rückgang der US-Nachfrage dürfte größtenteils auf die seit 2006 anhaltende Krise im Immobilien- und Bausektor zurückzuführen sein. In den USA geht die Hälfte des gesamten Kupferverbrauchs auf die Bauindustrie zurück. Bislang spielte der Rückgang der US-Nachfrage eine untergeordnete Rolle für die globalen Kupfermärkte, da der rasant gestiegende Kupferbedarf Chinas dies überkompensierte. Obgleich die hohe Importnachfrage Pekings in den ersten vier Monaten des Jahres z.T. dem Lageraufbau (industriell und strategische Reserve) diente und daher nicht vollständig als realer Verbrauch gewertet werden kann, dürfte der Kupfermarkt bis zum Jahresende eng bleiben.



Unerwartete Angebotsschocks wie die aktuellen Streikherde bei Southern Copper in Mexiko und Peru, sowie die Engpässe bei der Stromversorgung im wichtigsten Förderland Chile könnten für eine zusätzliche Verknappung sorgen Chinas Kupferbilanz robust Chinas Nettoimporte von affinadekupfer haben sich im Juli (nach Rekordimporten bis April) erwartungsgemäß weiter abgeschwächt. Nach dem starken Lagerabbau in den chinesischen Warenhäusern und dem Ende der saisonal schwächeren Sommermonate, rechnen wir mit einer Stabilisierung der Importe im August und einer Belebung der Handelsaktivität im nahenden Herbst.



Technik und Fazit

Mit einem hängenden Doppeltop sah die Technik des Kupferpreises (cash) im Juli ziemlich bedrohlich aus und der Verfall bis Mitte August fiel mit über 15% entsprechend drastisch aus. Dann zeigte jedoch der leicht fallende Trendkanal in Verbindung mit der 200-Tage-Linie Wirkung und mit vergleichbarer (aber bullisher) Dynamik konnten die Verluste schon wieder zur Hälfte aufgeholt werden - das letzte große Fibonacci Retracement wartet nun in Verbindung mit der 38-Tage-Linie bei ca. 7.700 USD. Für Trading Longs bietet der aktuelle Pull Back zum ersten Fibo bei etwa 7.360 USD eine chancenreiche Basis. Ein Close über dem 50%igen Fibo bei 7.528 USD würde das bullishe Szenario bestätigen. Per saldo überwiegen aus unserer Sicht die Argumente für anhaltend hohe Kupferpreise. Neben der allmählichen Rückkehr der Investmentnachfrage dürfte auch der physische Bedarf in den kommenden Monaten weiter anziehen, so dass wir einen moderaten Anstieg der Kupferpreise bis zum Jahresende als das wahrscheinlichste Szenario sehen. Die jüngst wieder gestiegene Gefahr einer US-Rezession bleibt weiterhin das größte Downsiderisiko.



© Sven Streitmayer, Manfred Wolter
Commodity Analysten

Quelle: Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart





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