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Die Seltenen Erden sind das neue Gold...

08.01.2011 | 9:18 Uhr | Dietmar Siebholz

Meine Aussage stimmt: Die Seltenen Erden sind das neue Gold...

Oder: Chinas neue Exportquoten für Seltene Erden (1. Halbjahr 2011)


Seit Jahren weise ich in den Goldseiten darauf hin, dass die Aussage von Deng Xiao Ping aus den siebziger Jahren ("Der Nahe Osten hat sein Rohöl, wir haben die Seltenen Erden") ernst zu nehmen ist. Inzwischen schreibt ja nun auch jedes Blättchen über diese für die westliche Industriewelt missliche Lage bei der Versorgung mit den so wichtigen Seltenen Erden. Sogar die hohe Politik (ich sage zu diesem Thema nur: Die Mitglieder einer bayerischen Mundartgruppe ringen mir mehr Bewunderung ab als diese von uns bezahlte Laienschar in Berlin) stellt nun fest, dass uns als Export-Vizeweltmeister - nach unten geht es übrigens schneller - auf einmal die Rohstoffe fehlen, um unsere hochwertigen Exportprodukte produzieren zu können.

Geredet wurde in den letzten Wochenviel, nur getan wurde nichts. Daher wird sich für uns die Lage nur noch verschlimmern; sehr deutlich hat der chinesische Ministerpräsident unsere Hosenfrau nach deren Vorwurf, China würde den Weltmarkt unterdrücken, mit der Bemerkung ablaufen lassen "jahrelang haben wir unsere Seltenen Erden für den Preis von Salz verkauft, jetzt werden Sie merken, dass sie (die Seltenen Erden) Gold wert sind". Wenn die Bemerkung so richtig interpretiert wurde, dann ist sie mehr als deutlich. Diese Mineralien sind Gold wert. So ist es.

Nun musste ja etwas geschehen, um die reale Lage herunterzuspielen, zu groß war der Nachweis der völlig falschen Rohstoffstrategie bei einigen Metallen und Mineralien. So wartete man ab, bis die neuen Exportquoten für das erste Halbjahr 2011 von der chinesischen Regierung veröffentlicht wurden. Ein Aufatmen ging durch die Fachpresse, als bekannt wurde, dass China seine Exportquoten für das erste Halbjahr rechnerisch nur um etwa 10% reduziert hat. Man kommentierte an manchen Stellen diese "nur 10%", als ob sich damit eine Verbesserung der Versorgung ergeben hätte. Wenn man bedenkt, dass der Weltverbrauch dieser Technologiemineralien/Metalle geschätzt um jährlich 8 bis 10% steigt, dürfte selbst diese moderate Reduktion extrem unangenehm werden.

Leider muss ich hier viel Wasser in den Statistik-Wein gießen. Schlicht, die Zahlen stimmen, aber die relativen Veränderungen überhaupt nicht. Lassen Sie mich diese neue Nachricht detailliert aufbereiten, um Ihnen einen objektiven Überblick über die wahre Situation zu verschaffen.

Der erste Fehler der berichtenden Journaille besteht darin, dass man die Systematik der chinesischen Quotenermittlung nicht kennt oder nicht verstanden hat. China verändert seit zwei Jahren die Quoten nicht auf Jahresbasis, sondern höchst aktuell auf Halbjahresbasis. Und, was noch viel wichtiger ist, China führt Exportquoten für chinesische Unternehmen der Seltenen-Erden-Förderung und für Unternehmen, die zwar in China produzieren, sich aber im Besitz von ausländischen Eignern befinden. Also muss man zeitkongruent beide Quoten addieren und mit den Vorjahrsquoten vergleichen. Das ist aber hier nicht oder nur unvollständig geschehen.

Nun zu den aktuellen Quoten: Im Vergleichszeitraum des Vorjahrs - also dem ersten Halbjahr 2010 - wurden für beide Unternehmenssegmente insgesamt Exportkontingente von 22.282 Tonnen erteilt; davon waren nun 16.304 Tonnen für Unternehmen mit chinesischen Eignern und 5.978 Tonnen für Unternehmen mit ausländischen Eignern.

Die nun für das erste Halbjahr 2011 geltende Quote von 14.508 Tonnen bezieht sich - wie nun häufig fehlerhaft in den Medien dargestellt - nicht auf die "alte" Quote von 16.304 Tonnen, sondern auf alle Exporte.

Beim fehlerhaften Vergleich von 16.304 Tonnen für 2010 gegen 14.508 für 2011 wären es tatsächlich "nur" Abschläge von ca. 10% gewesen, aber da vergleicht man die falschen Werte. In der Tat machen die Abschläge aber nahezu 35% aus. Denn die alten Gesamtmengen von 22.282 to vermindern sich jetzt um 7.774 to auf 14.508 to und das sind nun einmal 34,88%.

Für einen so engen und sensiblen Markt wie den der Seltenen Erden, der nahezu 8 bis 10% an jährlichen Absatzsteigerungen erfahren hat und aufgrund der neuen technologischen Anwendungen auch weiterhin beachtlich wachsen wird, ist diese Reduktion eine unübersehbare Belastung für die verbrauchende Industrie.

Bitte übersehen Sie bei der Lektüre der Berichte über die Seltenen Erden nicht das Faktum, dass weltweit der Verbrauch pro Jahr auf ca. 120.000 Tonnen (mehr oder weniger) geschätzt wird. Da stellt sich einem die Frage, wenn nun aus China pro Halbjahr ca. 14.500 Tonnen geliefert werden (und der chinesische Anteil des Weltverbrauches nur "noch" bei circa 40% liegt) wer den nichtchinesischen Verbrauchern dann ihre Seltenen Erden mit einem Volumen von 72.000 p.a. liefert.




[pagebreak]Unterstellt, die Quote für die zweite Jahreshälfte bliebe unverändert (ich glaube eher an eine weitere Reduzierung), dann fehlen der nicht chinesischen Industrie in 2011 43.000 Tonnen (60% von 120.000 Tonnen p.a. minus zweimal 14.500 Tonnen aus der Exportquote für das ganze Jahr 2011). Das ist mithin ein Drittel des Welt-Jahresverbrauchs bzw. knapp 60% des Bedarfs der nichtchinesischen Industrie, schlicht gesagt: Eine Katastrophe, zumal ja wegen der Unsicherheit über die chinesische Exportquoten-Schätzungen überall mit Neuaufträgen gewartet und demzufolge die Lager geleert wurden.

Das Quotensystem gibt für 2011 ein deutliches Signal, dass China seine Quotenpolitik beibehält und ich sehe übrigens keinerlei Veranlassung für China, diese zu ändern. Die Zeiten des Opiumkrieges (in den Geschichtsbüchern bitte nachlesen) sind vorbei. Niemand kann China zwingen, nicht erst einmal die eigene Industrie mit den erforderlichen Rohstoffen zu beliefern. Für die verarbeitende Industrie außerhalb von China wird es sehr eng werden oder die internationale Industrie muss sich darauf einstellen, nunmehr die Fertigung in China zu forcieren.

Von einem Freund aus der Automobilindustrie bekam ich eine Nachricht, die symptomatisch ist: Ein Autozulieferer mit nahezu Marktmonopol musste bei seinen Kunden aus der Automobilindustrie - wenn es technisch möglich war - die Produktionsabläufe umstellen lassen, weil spezielle Antriebseinheiten, die mit Neodym-Magneten viel kleiner waren als bei den vorherigen Antriebseinheiten, nun mit der Technik von gestern ausgeliefert werden mussten. Warum: Der Zulieferer hatte keine Vorratshaltung für die Hochleistungs-Elektromotoren betrieben und dessen Zulieferer keine Neodym-Vorräte mehr.

Die Chinesen werden sich bei unserem so fortschrittlichen Just-In-Time-Prinzip gern bedanken.

Was können wir daraus für Schlüsse ziehen? Erstens werden wir mehr und mehr solche Entwicklungen zu beobachten haben und zweitens dürften die Preise für Seltene Erden nach unten abgesichert sein, denn welcher Autoproduzent kann es sich leisten, wegen eines Aufschlages von x % auf den Neodym-Preis seine Konstruktionspläne und die Abläufe an den Fließbändern abzuändern?

Entwarnung für die Seltenen Erden kann es erst dann geben, wenn im Jahre 2015 mehrere große neue Produzenten auf dem Markt sind; bis dahin wird sich dieses Phänomen immer wieder bestätigen. Und ich habe noch nicht darüber nachgedacht, welche speziellen Mineralien aus der Gruppe der Seltenen Erden dann in 2015 wirklich von den neuen Minen zur Verfügung gestellt werden können, denn wenn die neue Minen nur die dann "falschen" Seltenen Erden liefern können, nämlich die, die der Markt nicht so dringend benötigt (auch die gibt es) hilft die ganze Produktionssteigerung überhaupt nichts... Interessante Zeiten stehen uns bevor, wenn wir an die Preisentwicklung und an die Marktversorgung mit den dann gesuchten Seltenen Erden denken.

Es wird nicht falsch sein, Seltene Erden auch physisch zu erwerben und wenn es nur darum geht, der deutschen Industrie später nach Ablauf der steuerlichen Halteperiode einmal seine Seltenen Erden anbieten zu können. Denn die haben ja wohl sehenden Auges die Entwicklung schlicht verschlafen... Und wie heißt es doch so schön: "Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben".

Meine Bitte an Sie: Machen Sie bitte nicht den gleichen Fehler, sichern Sie sich Ihren Anteil an dieser interessanten Entwicklung. Mehr können Sie in meiner Rubrik bei www.emuro.de lesen.


© Dr. Dietmar Siebholz
wthlz2@gmx.de


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