Rohstoff-Welt.de

Yuan-Euphorie ebbt ab

22.06.2010 | 11:45 Uhr | Eugen Weinberg, Commerzbank AG

Energie

Die Ölpreise konnten ihr hohes Niveau von in der Spitze fast 80 USD für ein Barrel Brentöl nicht halten und gaben im gestrigen Nachmittagshandel wieder gut einen Dollar ab. Heute notieren sie sogar im Minus, nachdem die anfängliche Euphorie über eine mögliche Aufwertung des Yuan sich verflüchtigt hat und der wieder schwächer tendierende Euro die Ölpreise unter Druck setzt. Nicht einmal die Eskalation des Gasstreits zwischen Russland und Weißrussland, wobei die Gaslieferungen für Weißrussland nun um 30% gedrosselt wurden, kann dem Ölpreis auf die Beine helfen. Normalerweise unterstützen die durch solche Konflikte geschürten Sorgen um die Vorsorungssicherheit den Ölpreis, zumal auch ein Teil der Ölpipelines durch diese Region laufen. Wieder einmal zeigt sich, dass die Lage am Ölmarkt aktuell hauptsächlich durch das allgemeine Finanzmarktumfeld bestimmt wird.

Die Preise der Destillate konnten die Erholung der Rohölpreise seit Ende Mai im Großen und Ganzen nachvollziehen. In den letzten Tagen kann Heizöl sogar überproportional zulegen: Der sog. Crack Spread, d.h. die Verarbeitungsmarge der Raffinerie, an der NYMEX stieg seit dem 15. Juni um 2 Dollar auf 12 US-Dollar je Barrel Heizöl. Eine starke Ausweitung der Margen ist für diese Jahreszeit eher ungewöhnlich, zumal die Vorräte an Mitteldestillaten nach wie vor reichlich sind. Wir sind deshalb skeptisch, dass sich der Anstieg der Margen kurzfristig fortsetzen kann. Am Benzinmarkt schwankt der Crack Spread seit Mitte Mai um die 12 USD. Zuvor hatten die kräftig gefallenen Netto-long Positionen der nichtkommerziellen Händler den Benzinpreis und damit auch den Crack Spread deutlich unter Druck gesetzt: Er war in der Spitze auf 18 USD gestiegen. Die sich bislang in den USA nur zögerlich erholende Benzinnachfrage belastet die Margen am Benzinmarkt.


Edelmetalle

Während gestern die Rohstoffpreise im allgemeinen wegen einer möglichen Währungsreform in China in der Breite zulegen konnten, verzeichnete der Goldpreis den stärksten Kursverlust seit gut einem Monat und notiert aktuell unter 1.240 USD je Feinunze. Der Preisrückgang dürfte in erster Linie auf Gewinnmitnahmen zurückzuführen sein, da zuvor ein neues Allzeithoch bei über 1.265 USD je Feinunze markiert wurde. Das niedrigere Preisniveau könnte allerdings als Kaufgelegenheit betrachtet werden und neue Investoren anlocken. Angesichts möglicher Probleme im Bankenbereich, die zunehmend in den Mittelpunkt der Ratingagenturen gelangen, dürfte das Sicherheitsbedürfnis der Anleger hoch bleiben und den Goldpreis weiterhin unterstützen. So wurde beispielsweise gestern die französische Großbank BNP Paribas von der Ratingagentur Fitch herabgestuft.

Gemäß Angaben des World Gold Council hat Saudi-Arabien seine Goldreserven auf 323 Tonnen verdoppelt. Dies dürfte jedoch auf eine Neubewertung der Reserven durch die saudi-arabische Zentralbank Sama zurückzuführen sein. Es ist nicht bekannt, dass das Land in der jüngeren Vergangenheit Gold gekauft hätte. In Summe dürften die Zentralbanken in diesem Jahr jedoch zum ersten Mal seit mindestens 20 Jahren zum Nettokäufer von Gold werden.


Industriemetalle

Die Euphorie, die gestern im Zuge einer möglichen Währungsreform in China aufkam, hat sich bereits wieder merklich abgekühlt. Im Einklang mit schwächeren Aktienmärkten im asiatischen Raum geben die Metallpreise in der Breite nach. Nickel ist mit rund 2% dabei der größte Verlierer.

Gemäß Angaben der World Steel Association ist die globale Stahlproduktion im Mai auf ein neues Allzeithoch von 124 Mio. Tonnen gestiegen. Vor allem China trug mit einer Rekordproduktion zu diesem erneuten Anstieg bei, aber auch in den anderen Regionen wurden teilweise hohe Zuwachsraten verzeichnet. In den ersten fünf Monaten des laufenden Jahres wurden 586 Mio. Tonnen Stahl produziert, 30% mehr als im letzten Jahr. Die Kapazitätsauslastung lag bei 82%. Mittlerweile hat sich jedoch laut Schätzungen der World Steel Association am weltweiten Stahlmarkt ein Angebotsüberschuss aufgebaut. Dieser könnte sich im laufenden Jahr auf 300 Mio. Tonnen summieren. Ein Großteil davon ist chinesischer Herkunft.

Bestrebungen der chinesischen Regierung, durch die zwangsweise Schließung von kleineren Stahlhütten die Überkapazitäten im lokalen Markt abzubauen, zeigen bislang kaum Wirkung. Allerdings hat der zweitgrößte Stahlhersteller des Landes, Baosteel, bereits angekündigt, sowohl die Kapazitäten als auch die Preise aufgrund rückläufiger Aufträge zu reduzieren. Weitere Anpassungen sind notwendig, um das Überangebot abzubauen.



Agrarrohstoffe

In den meisten US-Anbaugebieten sind die ausreichend feuchten und warmen Wetterbedingungen für das Wachstum von Mais und Sojabohnen derzeit gut. In manchen Regionen allerdings hat ein Übermaß an Regen - in den größten Anbaugebieten Iowa und Illinois etwa das Sechsfache des normalen Niederschlags - den Zustand der Pflanzen gegenüber der Vorwoche verschlechtert. Im jüngsten Erntefortschrittsbericht des USDA werden nur noch 75% der Maispflanzen als in gutem oder exzellentem Zustand beschrieben. In der Vorwoche waren es noch 77%.

Deutlicher noch ist die Veränderung bei Sojabohnen, wo der Prozentsatz der als gut oder exzellent bewerteten Pflanzen von 73% auf 69% reduziert wurde. Dies ist zwar noch immer klar besser als im Vorjahr, drückt aber leicht auf die Stimmung, nachdem lange angebotsseitig die Risiken weitgehend ausgeblendet worden waren. Inzwischen scheint sogar möglich, dass ein Teil der bisher noch nicht eingesäten Felder - die Aussaat bei Sojabohnen ist erst zu 93% vorgenommen worden - aufgrund der Schwierigkeiten bei der Feldarbeit durch die hohe Feuchtigkeit nicht mehr bebaut wird. Dies hat zuletzt den Sojabohnenpreis unterstützt. Der Preis konnte gestern zudem von der Hoffnung auf Aufwertungen des Yuan profitieren, die die Importe Chinas weiter anheizen könnten. Mit 9,63 USD je Scheffel liegt der Preis so hoch wie zuletzt Anfang Mai.




[pagebreak]Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat







© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.


Dieser Artikel stammt von Rohstoff-Welt.de

Die URL für diesen Artikel ist: http://www.rohstoff-welt.de/news/artikel.php?sid=19844

© 2007 - 2024 Rohstoff-Welt.de ist ein Mitglied der GoldSeiten Mediengruppe
Es wird keinerlei Haftung für die Richtigkeit der Angaben übernommen! Alle Angaben ohne Gewähr!
Kursdaten: Data Supplied by BSB-Software.de (mind. 15 min zeitverzögert)

Werbung | Mediadaten | Kontakt | AGB | Impressum | Datenschutz