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Ausblick 2017: Die Rückkehr der OPEC

09.12.2016 | 8:36 Uhr | Eugen Weinberg, Commerzbank AG

Die starke Erholung der meisten Energiepreise ist Angebotsfaktoren geschuldet. Nicht alle Preisgewinne werden sich 2017 halten: Am Ölmarkt dürften sich die OPECLänder zunächst diszipliniert an die Vereinbarung zur Produktionskürzung halten. Das knappere Angebot wird die Ölpreise zunächst stützen. Mittel- bis langfristig wird die wiedererstarkende Konkurrenz der Schieferölproduzenten die Preise wieder drücken. Am Kohlemarkt dürfte der Importsog Chinas nachlassen und damit die Preise belasten. Das dürfte auch die Strompreise an der Leipziger Energiebörse wieder auf Talfahrt schicken. Im Emissionshandel dürften die beiden jüngsten überhitzen Höhenflüge eine langfristige Erholung verzögern, zumal das Überangebot steigt.

"Renaissance der (fossilen) Energieträger" ließe sich für das Jahr 2016 auf den ersten Bick titeln, würde man lediglich auf die Preisentwicklung schauen. Schließlich sind Brentöl, US-Erdgas und Kohle zum Jahresende rund 50% teurer als zu Jahresbeginn (Grafik 1). Doch eine gemeinsame Triebfeder wie damals vor mehr als zehn Jahren, als Chinas Urbanisierungs- und Industrialisierungsschub einen fast plötzlichen Nachfrageboom an allen Energiemärkten auslöste, hatten diese Preisanstiege nicht. Gemein ist ihnen lediglich, dass die Preisimpulse an allen Märkten auf der Angebotsseite zu suchen sind.

Am Ölmarkt stand das Jahr 2016 im Bann der OPEC. Denn der Ölpreisverfall auf ein 12-Jahrestief zu Jahresbeginn veranlasste das Ölkartell zu einem erneuten Strategiewechsel: Es war jedoch eine lange Hängepartie, bis das erste Gerücht über Produktionsobergrenzen im Januar zu einer verbindlichen Vereinbarung über Produktionskürzungen wurde. Immerhin schoben die Hoffnungen den Ölpreis zurück in einen Korridor zwischen 45 und 50 USD je Barrel.

Auch am US-Gasmarkt und am Kohlemarkt waren die massiven Preisanstiege Angebotsverknappungen zuzuschreiben. In den USA schwächelte die Schiefergasindustrie (gemeinsam mit der Schieferölindustrie), und erstmals seit 2007 wurde Kohle nach Jahren der Überversorgung plötzlich knapp, weil Chinas Regierung durch drastische Maßnahmen die Konsolidierung im heimischen Kohlebergbau vorantrieb. Damit zog der Importbedarf des Landes, das fast die Hälfte des weltweiten Angebots stellt, plötzlich wieder an. Der folgende Anstieg der Kohlepreise ließ auch die Börsenstrompreise an der European Energy Exchange in Leipzig erstmals seit fünf Jahren wieder kräfig steigen.

Welche Preisgewinne sind gerechtfertigt und dürften sich folglich halten? Welcher Preis ist zu hoch geschossen? Und gibt es vielleicht sogar noch Potenzial nach oben? Das sind die Fragen, denen wir auf den folgenden Seiten im einzelnen nachgehen.

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Rohöl: Angebotsverknappung der OPEC kann Ölpreis nur stabilisieren

2016: Nach 12-Jahrestief am Ölmarkt stützt Hoffnung auf Produktionskürzung

Das Jahr 2016 stand fast ausschließlich im Zeichen der OPEC. Das Ölkartell hatte zwar eigentlich auf der viel beachteteten Sitzung im November 2014 de facto seine Rolle als Preisgestalter am Markt abgegeben. Und tatsächlich hatte sich fortan fast jedes OPEC-Mitglied ausschließlich auf die Sicherung seiner eigenen Marktanteile konzentriert und die Produktion ausgeweitet. Als sich im letzten Winter wegen milder Temperaturen auch noch die Nachfrage verlangsamte und die Sanktionen gegen den Iran aufgehoben wurden, warnte die Internationale Energieagentur, dass der Ölmarkt im Überangebot zu ertrinken drohe (Grafik 2).

Die Ölpreise rutschten Mitte Januar unter 30 USD je Barrel auf ein 12-Jahrestief. Noch im Januar tauchten erste Gerüchte auf, die großen Ölproduzenten könnten ihre Produktion gemeinsam einfrieren. Diese schoben die Preise nach oben, zusätzlich begünstigt durch eine fallende USÖlproduktion und hohe (ungeplante) Produktionsausfällle in Kanada, Nigeria und Libyen kletterte der Brentölpreis im Frühjahr wieder über 40 USD je Barrel. Es folgten Treffen in Doha, in Wien, in Algier und wieder in Wien. Letztlich bewegte sich der Brentölpreis ab Mitte April überwiegend im Korridor zwischen 45 und 50 USD je Barrel.

Erst nach der jüngsten Sitzung scheint sich Öl nachhaltig über 50 USD je Barrel zu etablieren. Denn tatsächlich hat es das Ölkartell nach langem Ringen geschafft, sich auf eine Produktionskürzung von 1,2 Mio. Barrel pro Tag ab Januar 2017 zu einigen. Diese gilt zunächst für sechs Monate, mit der Option, sie um sechs Monate zu verlängern. Mit der Fixierung von Länderquoten und der Einrichtung eines Komitees zu deren Überprüfung hat die OPEC hohe Transparenz geschaffen und somit ihre Glaubwürdigkeit erhöht. In der Vereinbarung heißt es zudem, dass sich auch Nicht-OPEC Länder mit einer Produktionskürzung um weitere 600 Tsd. Barrel pro Tag anschlössen.


2017 droht erstes Angebotsdefizit seit Ende 2013

Die Perspektiven für 2017 haben sich also deutlich verändert. Denn auch ohne die noch eher vagen Kürzungsversprechen der Nicht-OPEC-Länder würde der Ölmarkt bei vollständiger Umsetzung des OPEC-Beschlusses in der ersten Jahreshälfte 2017 erstmals seit Ende 2013 in ein Angebotsdefizit rutschen (Grafik 3). Schließlich würde die OPEC mit einem Schritt 1,2% des weltweiten Ölangebots aus dem Markt nehmen. Die erste Frage, die zweifellos zu stellen ist, ist: wie realistisch ist eine Umsetzung?


Wie diszipliniert ist die OPEC?

Wir gehen mindestens von einer Umsetzung in den ersten Monaten des Jahres aus. Dafür sprechen nicht nur nur die lange Verhandlungszeit, die verbindlichen Länderquoten und das Einsetzen eines Komitees. Dafür spricht auch, dass Saudi-Arabien, das die Hauptlast der Kürzung schultert, wegen des geringeren Eigenbedarfs ohnehin üblicherweise seine Produktion in den Wintermonaten zurückfährt. Die anderen arabischen Golfanrainerstaaten inklusive Irak dürften sich dem anschließen. Lediglich dem Iran, Libyen und Nigeria wurden Ausnahmen zugestanden (Grafik 4, S.3). Auch Länder wie Venezuela, die stark auf eine Abmachung gedrängt haben, dürften ihren (kleinen) Beitrag leisten.

Fraglich ist allerdings, wie lange die Disziplin währt. Das dürfte nicht nur vom Erfolg, sprich Preis abhängen, sondern wesentlich auch vom Verhalten der Nicht-OPEC Länder. Entscheidend ist hier allen voran Russland. Es heißt, das Land würde seine Förderung um 300 Tsd. Barrel pro Tag drosseln. Die Produktionserfolge der jüngsten Vergangenheit lassen aber an der Bereitschaft des mittlerweile weltgrößten Ölproduzenten Zweifel aufkommen: Die russische Ölproduktion klettert derzeit von Rekord zu Rekord und erreichte im November rekordhohe 11,21 Mio. Barrel pro Tag.

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Risiko: Russland

Selbst wenn Russland von diesem Niveau um 300 Tsd. Barrel pro Tag kürzen würde, läge die Produktion noch immer deutlich höher als im Sommer. Die Produktionserfolge sind zudem vor allem den privaten Ölunternehmen zu verdanken, die bereits weitere Produktionssteigerungen angekündigt haben. Im nächsten Jahr ist eigentlich eine weitere Steigerung auf 11,7 Mio. Barrel pro Tag geplant. Von daher wäre ein Einfrieren der russichen Produktion auf dem aktuellen Niveau schon als Zeichen des guten Willens zu werten. Kasachstan und Aserbaidschan zählen ebenfalls zu den Ländern, die sich den Kürzungen anschließen wollen, wobei auch Kasachstan seine Förderung dank der Inbetriebnahme des Kashagan-Ölfeldes zuletzt ebenfalls ausweiten konnte. In Summe sollten die ehemaligen Länder der früheren Sowjetunion laut IEA nächstes Jahr immerhin 300 Tsd. Barrel pro Barrel mehr fördern. Sollte diese Länder die OPEC-Kürzung für sich ausnutzen, um eigene Marktanteile auszubauen, wäre zweifellos die Gefahr groß, dass die OPEC- Disziplin nachlässt und Mitglieder den Ölhahn wieder aufdrehen.


In den USA dürfte die Produktion wieder anziehen

Außerhalb der Region „droht“ zusätzliches Öl vor allem aus Nordamerika: in den USA zeichnet sich bereits eine Trendwende ab. Die US-Energiebehörde EIA korrigierte unlängst ihre Produktionsschätzung für August um gut 400 Tsd. Barrel pro Tag nach oben. Noch sind die Erfolge zwar „nur“ im Golf von Mexiko zu verbuchen, während die Schieferölproduktion wohl noch immer fällt. Aber auch hier hat sich das Tempo des Rückgangs bereits merklich verlangsamt. Die EIA rechnet mit einer Trendwende im Frühjahr. Bislang ist sie allerdings bezüglich der erwarteten Produktionssteigerungen noch sehr vorsichtig. Denn die Bohraktivitäten haben schon merklich angezogen. Die Zahl der aktiven Ölbohrungen ist laut dem Öldienstleister Baker Hughes seit einem halben Jahr nahezu ununterbrochen gestiegen (Grafik 5). Die zuletzt deutlich gestiegenen Ölpreise schieben weiter an. Zudem hat der designierte US-Präsident Trump versprochen, die Förderung fossiler Energieträger im eigenen Land zu erleichtern. Das könnte das Investitionsklima in der US-Ölindustrie zusätzlich aufhellen.

Auch für Lateinamerika ist die IEA noch recht optimistisch, dass sich in Brasilien die Erfolge bei der Rohölproduktion wohl noch etwas fortsetzen werden. Dagegen könnte die brasilianische Ethanolproduktion sinken, was das Ölangebot insgesamt wieder etwas dämpfen würde. Einzig China könnte zu einem Rückgang des Nicht-OPEC-Angebots beitragen. Dort ist die Ölproduktion seit Jahresbeginn aufgrund zu niedriger Preise und staatlicher Anordnungen um 600 Tsd. Barrel pro Tag auf ein 7½-Jahrestief von 3,78 Mio. Barrel pro Tag gefallen.


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Nachfrage bleibt robust

Das Loch, welches die OPEC in der ersten Jahreshälfte ins Angebot reißen dürfte, wird also durch andere Anbieter kaum signifikant verkleinert. Gleichzeitig ist der Bedarf an Öl weiterhin sehr robust. Die IEA rechnet für das Gesamtjahr mit einem Wachstum der globalen Ölnachfrage um 1,2 Mio. Barrel pro Tag. Damit würde die Nachfragedynamik des laufenden Jahres ungefähr beibehalten. In den Industrieländern dürfte der strukturell fallende Trend durch konjunkturelle Impulse aufgefangen, so dass per saldo eine stagnierende Nachfrage erwartet wird. Wachsen dagegen wird weiterhin der Bedarf in den Schwellenländern. China ist mit einem Anstieg der Nachfrage um gut 250 Tsd. Barrel pro Tag wohl noch immer wichtigste Triebfeder, obwohl sich das Wachstum hin zu mehr dienstleistungsorienter Industrie verschiebt. Nachfragetreibend ist die steigende Autoflotte in China. Indiens Ölbedarf wächst mittlerweile fast gleich stark, obwohl der Markt nur etwas mehr als ein Drittel der Größe des chinesischen Marktes beträgt.

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"Der Geist ist willig, das Fleisch ist schwach..." – Allmählich nachlassende OPEC-Disziplin dürfte Preis belasten

Wir gehen davon aus, dass die OPEC den Kürzungsbeschluss zunächst größtenteils umsetzen wird. Saudi-Arabien hat wie im Kasten unten beschrieben ein großes Interesse daran und würde seine Produktion ohnehin wie üblich im Winter zurückführen. Das Überangebot wäre damit vom Markt genommen, was uns zu einer Aufwärtsrevision unserer Preisprognose für Brent im ersten Quartal auf 53 USD je Barrel veranlasst (bisher 48 USD je Barrel). Das höhere Ölpreisniveau wird aber zu einem schnelleren Anstieg der US-Ölproduktion führen. Auch sind wir skeptisch, dass sich Russland wie versprochen an einer Produktionskürzung beteiligen wird. Die Disziplin der OPEC dürfte daher im Jahresverlauf nachlassen, so dass wir unsere Jahresendprognose für 2017 auf 48 USD je Barrel gesenkt haben (bisher 55 USD je Barrel).

Aufgrund der höheren US-Ölproduktion dürfte sich die Preisdifferenz zwischen Brent und WTI im zweiten Halbjahr 2017 auf 2 USD je Barrel ausweiten. Entsprechend prognostizieren wir einen WTI-Ölpreis von 46 USD je Barrel im vierten Quartal 2017. Für 2018 gehen wir von einem Preisanstieg bei Brent auf 55 USD je Barrel aus, da der von den niedrigeren Preisen begünstigte Anstieg der weltweiten Ölnachfrage das zusätzliche Angebot absorbieren wird. Das Risiko für unsere Prognose liegt darin, dass die OPEC sich nicht an die Kürzungsabmachung hält und ihre Produktion weiter steigert. In diesem Falle würde der Ölpreis im ersten Halbjahr 2017 in Richtung 40 USD je Barrel fallen. Der Anstieg der US-Ölproduktion würde dann geringer ausfallen und der Ölpreis im weiteren Jahresverlauf leicht steigen.


Saudi-Arabien und der OPEC-Strategiewechsel: Zweimal in den gleichen Fluss steigen?

Vor zwei Jahren hatte Saudi-Arabien auf Betreiben des damaligen Ölministers Al-Naimi für einen Strategiewechsel der OPEC gesorgt. Anstatt wie üblich die Fördermenge anzupassen und damit die Preise zu stabilisieren, legte man den Fokus auf die Verteidigung von Marktanteilen. Zurückzuführen war dies hauptsächlich auf den massiven Anstieg der USSchieferölproduktion und den damit verbundenen geringeren Bedarf an OPEC-Öl. Auch hinter der nun beschlossenen Kürzung der OPEC-Ölproduktion dürfte vor allem Saudi-Arabien stehen, wie aus dem Beschluss von Wien hervorgeht. Dabei wurde sogar dem Erzrivalen Iran eine leichte Produktionserhöhung eingeräumt. Doch warum hat Saudi-Arabien nun eine Kehrtwende vollzogen?

Wir sehen dafür gleich mehrere Faktoren. Zum einen wird der o.g. Strategiewechsel inzwischen wohl als Fehler angesehen. Die Entlassung von Ölminister Al-Naimi in diesem Jahr deutet darauf hin. Offensichtlich hat Saudi-Arabien nicht damit gerechnet, dass der Ölpreis so tief fallen und so lange niedrig bleiben würde. Wie die meisten Experten ging man vor zwei Jahren davon aus, dass sich die US-Schieferölproduktion bei Preisen unter 70 USD je Barrel nicht mehr rentieren und rasch vom Markt verschwinden würde. Die Robustheit und den "Erfindergeist" des US-Ölsektors sowie seine finanzielle Flexibilität hat man wohl unterschätzt.

Man sollte aber auch die finanzielle Situation Saudi-Arabiens betrachten. Weil das Land von den Öleinnahmen extrem abhängig ist, sind seine Währungsreserven in den letzten zwei Jahren um über 180 Mrd. USD bzw. 25% zurückgegangen. Der Ölpreis, der ein weiteres Abschmelzen der saudi-arabischen Währungsreserven verhindert, dürfte bei weit über 70 USD je Barrel liegen (siehe "EM Briefing: Saudi-Arabien - Der Peg hält (noch)!" vom 18. November). Deshalb kann der neue Ölminister wohl der Versuchung nicht widerstehen, vor allem durch verbale Interventionen den Preis nach oben zu heben. Dies ist umso verständlicher, wenn man die jüngste Anleiheplatzierung - mit 17,5 Mrd. USD hat Saudi-Arabien kürzlich die größte Bondemission eines Schwellenlandes durchgeführt - und den geplanten Verkauf von Anteilen an der staatlichen saudischen Ölgesellschaft Saudi Aramco berücksichtigt. Mit rund 100 Mrd. USD, die man durch die Platzierung von schätzungsweise 5% der Anteile "einnehmen" möchte, wäre dies wohl der größte Börsengang aller Zeiten.

Verständlicherweise will das Land diesen IPO nicht durch niedrige Ölpreise gefährden. Doch die neue alte Strategie ist ein zweischneidiges Schwert und birgt langfristige Risiken für den Ölpreis. Denn die US-Schieferölunternehmen können sich bei den aktuellen höheren Ölpreisen gegen einen Preisrückgang absichern und damit ihre Produktion unabhängig vom weiteren Ölpreisverlauf erhöhen. Auch andere Nicht-OPEC-Produzenten, wie z.B. Russland, könnten auf Kosten der OPEC Marktanteile dazu gewinnen.

Damit bliebe der Ölmarkt weiterhin überversorgt, was die Ölpreise noch für längere Zeit auf einem niedrigen Niveau halten würden. Saudi-Arabien muss letztendlich akzeptieren, dass es wie die gesamte OPEC nicht mehr in der Lage ist, quasi im Alleingang die Ölpreise nachhaltig zu beeinflussen. Die einzige nachhaltige Strategie der OPEC wäre aus unserer Sicht "Abwarten und Tee trinken!", sprich abwarten, bis die steigende Ölnachfrage in den kommenden Jahren das Überangebot verschwinden lässt und die Ölpreise im Zuge der Produktionsverteuerung steigen.


Ölprodukte - Benzin bleibt stärker gefragt als Diesel, Crack-Spreads bleiben niedrig

2016: Kräftiges Wachstum der Benzinnachfrage

Der Markt für Ölprodukte barg 2016 hinsichtlich der Nachfrageentwicklung keine Überraschungen. Wie erwartet war vor allem Benzin stark gefragt, denn in den zwei größten Absatzmärkten USA und China wuchs der Bedarf kräftig. In den noch immer mit 30% der globalen Nachfrage größten Benzinmarkt der Welt, den USA, schoben eine gute Einkommensentwicklung und niedrige Benzinpreise die Fahrtätigkeit das zweite Jahr in Folge kräftig an. Die US-Benzinnachfrage kletterte entsprechend im Sommer auf ein neues Rekordhoch, zumal die Fortschritte bei der Treibstoffeffizienz durch die zuletzt wieder deutlich stärker gefragten verbrauchsintensiveren SUVs gebremst wurden. Auch in China stieg die Nachfrage kräftig. Mit einer Vorjahresveränderung von rund 200 Tsd. Barrel pro Tag dürfte die Zunahme der Benzinnachfrage absolut sogar nahezu ebenso groß sein wie am mehr als doppelt so großen US-Markt. Treiber in China sind bislang die dank staatlicher Kaufanreize kräftig steigenden Autozulassungen, zumal auch hier die SUVs Marktanteile gewinnen.


Abflachender Boom trifft auf hohes Angebot…

Der Boom am Benzinmarkt wird jedoch 2017 an Dynamik verlieren (Grafik 6). Die Weltkonjunktur dürfte zwar ihr Tempo halten, in den USA sollte die Wirtschaftsdynamik sogar noch etwas anziehen, aber andere Triebfedern lassen nach: Vor allem der stimulierende Impuls fallender Benzinpreise läuft aus, zumal in vielen wichtigen Nachfrageländern der starke Dollar die Kosten beim Tanken zusätzlich erhöht.

Auch droht in China der Boom in der Automobilwirtschaft abzureißen. Gemäß Internationaler Energieagentur ist ein Minus von bis zu 2 Mio. verkauften Fahrzeugen aufgrund geänderter staatlicher Anreize und der Begrenzung von Fahrzeugkäufen durch lokale Behörden nicht auszuschließen. Die schwächere Nachfrage dürfte einer unvermindert hohen Benzinproduktion gegenüberstehen. Vor allem in den USA ist die Raffinerieverarbeitung zulasten von Destillaten stark in Richtung Benzin verschoben worden (Grafik 7).

Der Crack-Spread am Benzinmarkt, also der Preisabstand zwischen Benzin und Rohöl, hat in Folge dessen kaum von der hohen Nachfrage profitiert. Daran sollte sich 2017 nichts ändern, zumal die Rohölverarbeitung in den USA dank der wohl wieder steigenden USRohölproduktion eher hochgefahren wird. Auch aufgrund der noch schlechteren Margen bei den Destillaten (siehe unten) dürfte der Anteil der Benzinproduktion hoch bleiben. In der Folge dürften die Netto-Exporte von Benzin aus China und den USA steigen. Mit dem von uns erwarteten Ölpreisrückgang dürfte Benzin Ende nächsten Jahres 470 USD je Tonne kosten.


Destillatemarkt bleibt überversorgt

Die Nachfrage nach Destillaten ist dagegen schwach: In China, lange Zeit der Wachstumsmarkt für Diesel, stagniert wegen einer langsamer wachsenden Industrieproduktion seit einiger Zeit die Dieselnachfrage. Da die Produktionsmöglichkeiten in den letzten Jahren deutlich ausgeweitet wurden, wird nun mehr produziert als im eigenen Land benötigt. Die Ausfuhren steigen entsprechend. Die Dieselexporte aus den USA steigen zwar nicht mehr so stark wie in der Vergangenheit, verharren aber auf hohem Niveau. Nicht zuletzt exportieren die Länder der ehemaligen Sowjetunion kräftig, so dass der wichtige europäische Dieselmarkt ausreichend versorgt ist. Denn ungeachtet des auf dem Prüfstein stehenden Images der Dieselfahrzeuge und dem schrumpfenden Anteil an den Neuzulassungen, dürfte die Dieselpenetration im europäischen PKW-Bestand noch steigen. Die Dieselnachfrage bleibt auch dank der stabilen Konjunktur im Euroraum robust. Dennoch: Der Dieselmarkt bleibt aufgrund der hohen Exporte Chinas und der USA überversorgt, so dass der Crack Spread auf einem niedrigen Niveau verharren sollte. Ende 2017 dürfte Diesel aufgrund der etwas niedrigeren Rohölpreise 470 USD je Tonne kosten.

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[pagebreak]US-Erdgas – Produktionsdelle wird 2017 wettgemacht

Preisrückgang folgte Erholung dank langsamen Vorratsaufbaus

Das Jahr 2016 war für US-Erdgas wechselhaft: Es begann mit einem Rückgang der Preise, die Anfang März mit einem 8-Jahrestief von 1,6 USD je mmBtu endete. Dem folgte eine bis jetzt andauernde, fast kontinuierliche Erholung, binnen der sich der Preis für Henry Hub auf ein 2- Jahreshoch von 3,7 USD je mmBtu mehr als verdoppelt hat. Dabei bewegten sich die Preise parallel zur Lagerentwicklung (Grafik 8): Denn dank milder Temperaturen waren die Vorräte zunächst im Winter spürbar weniger geräumt worden als üblich. Dann folgte eine schwache Auffüllphase. Der Lagerüberhang schmolz spürbar ab.


Gasproduktion nur temporär rückläufig, 2017 neues Rekordhoch in Aussicht

Geschuldet war die schwache Auffüllphase einer rückläufigen Produktion bei gleichzeitig rekordhoher Nachfrage. Denn die zwar noch immer anhaltenden Produktivitätsfortschritte können die massiv gefallenen Bohraktivitäten nicht mehr ausgleichen. Erstmals seit zehn Jahren dürfte die US-Gasproduktion 2016 im Vorjahresvergleich ein Minus zeigen. Die schwache Produktion traf in der von April bis Oktober dauernden Auffüllphase auf eine rekordhohe Nachfrage. Denn ein heißer Sommer ließ den Klimatisierungsbedarf und damit den Strombedarf steigen, der zunehmend durch Gaskraftwerke gedeckt wird. Doch die Tendenzen drehen erneut: So zeichnet sich mit dem Anstieg der Bohraktivitäten eine Produktionserholung ab. Die EIA rechnet bereits in den kommenden Monaten mit höheren Produktionsraten. 2017 dürfte die US-Gasproduktion dann gegenüber Vorjahr um 3,8% zulegen und damit einen neuen Rekordwert erreichen. Zusätzlich stimulieren könnte die von dem designierten US-Präsidenten Trump versprochene Lockerung von Umweltauflagen beim Fracking von Schiefergas.


Heimische Nachfrage intakt

Dem wieder steigenden Angebot steht eine robuste Nachfrage gegenüber. Die EIA rechnet nach dem milden letzten Winter mit 5,5% mehr sogenannten Heating Degree Days, sprich Tagen mit Heizbedarf, als im Vorjahr. Der Verbrauch der privaten Haushalte, der gut 15% der US-Gasnachfrage ausmacht, soll deshalb rund 4,5% zulegen. Auch die industrielle Nachfrage dürfte dank einer sich belebenden Produktion in den stark Gas nutzenden Sektoren leicht steigen, zumal einige Anlageerweiterungen in der verbrauchsstarken chemischen Industrie anstehen. Damit dürfte das leichte Minus im mittlerweile bedeutendsten Nachfragesegment, den Energieversorgern, mehr als ausgeglichen werden. Es ist nämlich davon auszugehen, dass der jahrelange Trend hin zur gasbasierten Stromproduktion im kommenden Jahr ins Stocken gerät (Grafik). Schließlich bremsen nicht nur die gestiegenen Gaspreise, sondern auch der Ausbau der erneuerbaren Energien schreitet weiter voran. Wir sehen den US-Erdgaspreis nach der erwarteten Korrektur des aktuellen Winterhochs auf mittlere Sicht seitwärts tendieren.


Neue Absatzmärkte im Ausland stützen den Preis, lassen ihn aber nicht abheben

Für US-Erdgas wachsen die Absatzmöglichkeiten im Ausland. Ende Februar erfolgte die erste Verschiffung von verflüssigtem Erdgas (LNG) vom Sabine Pass Terminal in Louisiana. Im September wurde die zweite Verflüssigungsstraße geöffnet. Im Sommer 2017 sollen zwei weitere Straßen eröffnet werden. Ende 2017 ist mit dem Cove Point LNG Terminal in Maryland die Inbetriebnahme einer weiteren LNG- Drehscheibe an der US-Ostküste geplant, welche LNG aus den USA auch für Europa interessant machen könnte. In Summe könnten also bis Ende des nächsten Jahres bis zu 2 Mrd. Kubikfuß pro Tag an LNG zusätzlich vertrieben werden. Da der internationale Markt gut versorgt ist, dürfte dies derzeit kaum Auftrieb geben. Offen bleibt, wie stark der designierte US-Präsident, der im Wahlkampf die Rettung der Kohleindustrie versprach, an den energiepolitischen Stellschrauben drehen wird. Dies könnte auch Auswirkungen auf das Konkurrenzprodukt Erdgas haben.


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Kohle: Die Hitze geht...

Chinesischer Importsog schiebt Preiserholung an

Die abrupte Trendwende am Kohlemarkt zählt wohl zu den Überraschungen des Jahres 2016: Mitte Februar endete die 5-jährige Talfahrt für den an der ICE gehandelten Kohlefuture bei einem neuen Rekordtief von 43 USD je Tonne. Binnen weniger Monate haben sich die Preisedann mehr als verdoppelt. Auslöser der Trendwende war die massive Zunahme des chinesischen Importsogs (Grafik 10), die dem Einbruch der heimischen Produktion geschuldet war. Vor allem die im Frühjahr angeordnete Reduzierung der Arbeitstage in den Kohleminen hatte dazu geführt, dass die Kohleförderung teils zweistellig gegenüber Vorjahr zurückging. Da China rund die Hälfte des weltweiten Angebots stellt, fällt der Ausfall bzw. der dadurch bedingte Importsog massiv ins Gewicht, zumal der seewärtige Handel nur 15% der Produktion ausmacht.


Der Schlüssel liegt in China

Chinas derzeit dominierender Importboom dürfte allerdings nicht von langer Dauer sein. Zum einen hat die chinesische Regierung nicht zuletzt angesichts des massiven Preisanstiegs einigen Minen erlaubt, die Produktion wieder hochzufahren. Der Produktionsrückgang dürfte sich deshalb abflachen. Erste Tendenzen der Verlangsamung zeigen sich bereits. Entwarnung geben auch die in den Häfen und die bei den Kohlekraftwerken zuletzt wieder gestiegenen Vorräte. Zum anderen hat die chinesische Regierung mit der Unterzeichnung des Klimaschutzabkommens klare Signale für ein umweltfreundliches Wirtschaften gesetzt. Dazu gehört auch die Energieproduktion. Die Nutzung von Atomstrom und Strom aus erneuerbaren Energien soll deutlich vorangetrieben werden. Die Verwendung von Kohle soll dagegen deutlich sinken: Ihr Anteil am Strommix soll von heute noch rund 75% bereits bis zum Jahr 2020 unter 65% fallen (Grafik 11). Neben den fundamentalen Gründen spricht auch die Abwertung des chinesischen Renminbi gegenüber dem Austr. Dollar für die Verlangsamung des Importbooms.


Andernorts sinkt der Importbedarf

Sobald sich Chinas Importboom wieder abflacht, dürften preisbremsende Effekte an Bedeutung gewinnen, denn in vielen Regionen sinkt derzeit der Importbedarf. So ist die indische Kohleproduktion zuletzt überraschend stark gestiegen und hat mit dem steigenden Bedarf des Landes besser Schritt halten können. Indien dürfte also weniger einführen und damit wieder hinter China zurückfallen. Auch der Importbedarf Japans sinkt dank der allmählichen Wiederinbetriebnahme der Atomkraftwerke, während in Europa der Vormarsch der erneuerbaren Energien dämpft. Kraftwerksschließungen bedingt durch verschärfte Umweltauflagen, eine geringere Auslastung der Kraftwerke und die verschärfte Konkurrenz durch Erdgas ließen auch die Kohlenachfrage in den USA schrumpfen. Das bremst aber in diesem Fall vor allem die heimische Produktion. Für die US-Kohleindustrie könnte sich die Situation allerdings unter dem neuen US-Präsidenten Trump verbessern. Schließlich hat er im Wahlkampf die Rettung der Kohleindustrie versprochen. Er dürfte die Auflagen für die Kraftwerke ebenso lockern wie die für die Förderung. Ob die energiepolitischen Stellschrauben aber so stark gedreht werden, dass sie eine nachhaltige Renaissance der Kohlenutzung bewirken, ist fraglich.


Deutliche Preiskorrektur erwartet

Alles in allem gehen wir davon aus, dass die Preise in den kommenden Monaten wieder massiv nachgeben werden, so wie es derzeit die Terminpreise bereits zeigen. Wir sind überzeugt, dass die Rally zu heiß gelaufen ist, zumal die hohen Preise weltweit Produzenten an den Markt zurücklocken. Die Kohlepreise dürften in den kommenden Monaten deutlich korrigieren. Wir sehen den Preis für den nächstfälligen Kohlefuture (Rotterdam) bis Ende 2017 auf 60 USD je Tonne fallen.

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Emissionshandel: Spekulative Überhitzung erschwert nachhaltige Preiserholung

Zwei Erholungsversuche ausgebremst

Auch im Emissionshandel war 2016 ein bewegtes Jahr. Gleich zu Jahresbeginn gaben die Preise binnen weniger Wochen einen großen Teil ihrer in fast zweieinhalb Jahren mühsam aufgebauten Gewinne wieder ab. Von über 8 Euro verbilligte sich das Recht zur Emission einer Tonne CO2 auf 4,5 Euro. Zwei Erholungsversuche, in denen die Preise jeweils rund 50% zulegten, scheiterten im Laufe des Jahres. Letztlich sind die Preise momentan wieder auf das Niveau von Mitte Februar zurückgefallen (Grafik 12). Geblieben ist die Erkenntnis, dass die Preise im Emissionshandel schnell spekulativ überhitzen. Und dies erschwert eine nachhaltige Preiserholung im nächsten Jahr. Schließlich dürften einige Marktteilnehmer bei den massiven Preisbewegungen auf dem falschen Fuß erwischt worden sein.


Fundamentale Vorzeichen schwach: Backloading läuft aus

Hinzu kommt, dass rein fundamental die Vorzeichen für 2017 eher schwierig sind. Zum einen läuft auf der Angebotsseite das „Backloading“ aus. Immerhin 900 Mio. Zertifikate, und damit fast die Hälfte eines Jahresbudgets, waren in Summe in den letzten drei Jahren dem Markt auf der Angebotsseite entzogen worden. Schon im auslaufenden Jahr wurden die Volumina in den Versteigerungen nur noch um 200 Mio. Zertifikate reduziert. Im kommenden Jahr werden nun erstmals wieder die vollen Volumina versteigert.


Bedarf der Versorger bleibt schwach

Dem höheren Angebot steht eine weiterhin nur mäßige Nachfrage gegenüber. Der Bedarf der Versorger könnte sogar wieder rückläufig sein, denn die emissionsintensiven Kohlekraftwerke werden immer weniger zur Deckung des Energiebedarfs eingesetzt. Zum einen schreitet der Ausbau der erneuerbaren Energien schnell voran. Mittlerweile werden über 27% der Elektrizität in der EU aus erneuerbaren Energien gewonnen. Zum anderen wurde Kohle aber auch im Energiemix der fossilen Energieträger stark zurückgedrängt. Denn Gas hat sich mit Öl deutlich verbilligt, während im laufenden Jahr der Kohlepreis massiv angezogen hat (siehe vorherige Seite). In Großbritannien verteuert zudem der Mindestpreis für CO2 („Carbon Price Floor“) den Einsatz von Kohle zusätzlich. Seine Einführung hat Kohle am Energiemix nochmals massiv zurückgedrängt. Im zweiten Quartal war die kohlebasierte Stromproduktion in Großbritannien so gering wie nie zuvor (Grafik 13). Der Mindestpreis, der bis 2020 auf 18 GBP je Tonne festgezurrt ist, dürfte einer spürbaren Erholung des Kohlebedarfs entgegenstehen und Großbritanniens Bedarf an Emissionsrechten dämpfen. In der Vergangenheit stand das Land für rund 10% der im EU ETS erfassten Emissionen. Auch in Frankreich wurde über die Einführung eines CO2-Mindestpreises nachgedacht. Das hätte zwar ob der geringen Zahl an Kohlekraftwerken ohnehin geringere Auswirkungen für den Emissionshandel. Denn das Land bezieht drei Viertel seines Strombedarfs aus der emissionsarmen Atomenergie und macht folglich nur gut 5% der im EU ETS erfassten Emissionen aus. Ohnehin scheint die Einführung verschoben, nachdem Frankreich mit einem massiven Anstieg der Strompreise zu kämpfen hat. Die französische Atomaufsicht ließ aufgrund von Unregelmäßigkeiten einige Atomkraftwerke zur Überprüfung schließen, was die zweite Preiserholung im Emissionshandel ausgelöst hatte.


Reformen für die vierte Handelsperiode mit mehr Schwung

Wir haben nach der jüngsten Korrektur unsere Preisprognose nach unten revidiert. Mittelfristig wird die EU aber bemüht sein, „ihren“ CO2-Handel – sei es nach dem „Brexit“ mit oder ohne Großbritannien - erfolgreich zu gestalten, dem Gegenwind des designierten US-Präsidenten Trump zum Trotz, dafür mit zusätzlichem Rückenwind aus China, das 2017 den CO2-Handel aufnimmt. Die Verhandlungen um die Marktreformen für die 4. Handelsperiode sollten folglich Fahrt aufnehmen. Der CO2-Preis dürfte sich Ende 2017 nachhaltig über 6 Euro je Tonne etablieren.

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Deutsche Börsenstrompreise: Abwärtstrend setzt wieder ein

Erholung der Kohle- und CO2-Preise gab 2016 Auftrieb

Erstmals seit fünf Jahren haben die Strompreise an der Leipziger Strombörse 2016 signifikant angezogen. Nachdem der Preis des Phelix-Future für Grundlast im nächsten Kalenderjahr kurz nach dem Jahreswechsel noch auf ein neues Rekordtief von gut 21 Euro je MWh gerutscht war, zogen die Preise in den darauffolgenden Monaten bis Ende Oktober um mehr als 50% an. Preistreibend war die massive Verteuerung von Kohle und die später noch einsetzende Erholung der Preise im Emissionshandel (siehe S.10). Seitdem geben die Preise aber wieder nach, und wir sind überzeugt, dass sich der Rückgang nächstes Jahr fortsetzen wird.


Korrektur lastet auch auf Börsenstrompreisen

Maßgeblich belasten dürfte der von uns erwartete Rückgang der Kohlepreise (siehe Seite 7). Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass für den Strompreis im nächsten Kalenderjahr auch der längerfristige Kohlepreis relevant ist. Dieser ist von seinem Zweijahreshoch Anfang November bereits um 20% gefallen und notiert mit 60 USD je Tonne mehr als 20 USD niedriger als der nächstfällige Kohlepreis (Grafik 14). Entsprechend geringer ist auch das Korrekturpotenzial. Preisdämpfend ist aber zudem auch der Vormarsch der erneuerbaren Energien. So ist laut dem Fraunhofer Institut ISE von Januar bis Oktober des laufenden Jahres die Bruttostromerzeugung auf Basis von Wind um 5%, die von Solarstrom um 3,7% gegenüber Vorjahr gestiegen.


EEG 2017 bremst erneuerbare Energien etwas ab

Die konventionelle Stromproduktion wurde dagegen weiter um 2,4% zurückgedrängt. Allerdings dürfte sich mit dem im Sommer beschlossenen EEG 2017 das Ausbautempo etwas verringern. Grundsätzlich wurden zwar die Ziele der letzten Novelle bestätigt. Demnach wird 2025 ein Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch von 40 bis 45% angestrebt (2015 lag der Anteil bei 31,6%, 2013 noch bei 25,2%). Aber nun ist die Zubaumenge bei Windkraft (onshore) bis 2020 auf jährlich 2,8 MW fixiert; in den vergangenen drei Jahren hatte der Zubau mit durchschnittlich 3,5 MW p.a. deutlich über Plan gelegen (Grafik 15). Zudem gilt ein begrenzter Zubau in Gebieten, die beim Netzausbau hinterherhinken. Dort wird der Zubau auf 58% des durchschnittlichen Zubaus von 2013 bis 2015 beschränkt. Bremsen könnte auch, dass es für größere Projekte keine festen Entgeltzusagen mehr geben wird, sondern stattdessen nur noch das wettbewerbliche Ausschreibungsverfahren gilt. Dadurch soll der Ökostromanbieter gefördert werden, der am wenigsten fordert. Wichtig ist zudem, dass die Zubaumengen brutto definiert sind und eventuell stillgelegte Altanlagen nicht gegengerechnet werden. Das dürfte aber in den kommenden Jahren zunehmend relevant werden, weil die zwischen 1996 bis 2005 verstärkt zugebauten Windanlagen und Biomasse- Anlagen aus der Förderung herausfallen.


Strompreis nimmt Talfahrt wieder auf...

Alles in allem mag der Vormarsch der erneuerbaren Energien aufgrund des EEG 2017 etwas an Tempo verlieren, aber voranschreiten wird er und damit ebenso wie der Rückgang der Kohlepreise den Börsenstrompreis drücken. Die von uns erwartete allmähliche Erholung der CO2-Preise kann dem wenig entgegensetzen. Damit dürfte der diesjährige Höhenflug der Strompreise eine kurze Episode im langen Abwärtstrend gewesen sein. Das Rekordtief des letzten Winters dürfte aber 2017 nicht wieder erreicht werden. Wir sehen den Strompreis bei 26 Euro je MWh zum Jahresende 2017.

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Auf einen Blick

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: 'Rohstoffe kompakt', Commerzbank AG



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