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Energie: US-Erdgaspreise

08.05.2009 | 8:41 Uhr | Eugen Weinberg

Diese Woche untersuchen wir den NYMEX Erdgas-Kontrakt und bestimmen die preisbeeinflussenden Faktoren. Wir gehen davon aus, dass der Erdgaspreis maßgeblich durch das Verhältnis von Angebot und Nachfrage auf dem Erdgasmarkt und dessen Auswirkung auf die Erdgas-Lagerbestände bestimmt wird. Zugleich bewegen sich die Erdgaspreise auch in einem bestimmten Verhältnis zu den Rohölpreisen.

Darüber hinaus ist der Erdgaspreis in der jüngeren Vergangenheit auch vom Interesse spekulativer Investoren beeinflusst worden. Während eine schwache Nachfrage die Erdgaspreise in den kommenden Monaten beeinflussen wird, glauben wir, dass sie sich weiterhin in einem bestimmten Verhältnis zu den Rohölpreisen bewegen werden. Da wir von einer Erholung des Rohölpreises auf 70 USD je Barrel ausgehen, erwarten wir auch einen Preisanstieg von Gas der Sorte Henry Hub 6,50 USD je Mio. BTU (British Thermal Unit) zu Jahresende. Das entspricht einem Preis, der annähernd USD 1 je Mio. BTU über der gegenwärtigen Terminkurve.

Der NYMEX Erdgas-Kontrakt ist mit einer Gewichtung von 4,5% im S&P Goldman Sachs Commodity Index (S&P GSCI) vertreten, während WTI ein Gewichtung von 35,6% hat. Häufig wurde den Erdgaspreisen wenig Aufmerksamkeit geschenkt, weil fälschlicherweise angenommen wurde, dass die Erdgaspreise der Ölpreisentwicklung lediglich folgen. In den letzten Monaten kam es zu einer Abkoppelung der US-Erdgaspreise von den Rohölpreisen, wobei die Erdgaspreise derzeit auf den tiefsten Stand der letzten fünf Jahre gefallen sind (Grafik 1). Die Preisschwäche für Erdgas ist teilweise auf die hohen Erdgaslagervorräte zurückzuführen, die sich gegenwärtig im obersten Bereich der für diesen Zeitpunkt des Jahres typischen Spanne der letzten fünf Jahre befinden (Grafik 2).

Die hohen Lagervorräte haben ihren Ursprung in vorangegangenen Angebots- und Nachfrageveränderungen. Wie Grafik 3 verdeutlicht (siehe nächste Seite), ist die USErdgasproduktion 2008 besonder stark gestiegen. Wir glauben, dass dies eine Reaktion der Erdgaserzeuger auf das im letzten Jahr vorherrschende hohe Preisniveau ist. Allerdings beeinflussten die hohen Preise auch die Erdgasnachfrage, welche zudem von der schwachen Wirtschaftstätigkeit unterhöhlt wurde.

Die US-Regierung erwartet für 2009, dass die Erdgasnachfrage gegenüber dem Vorjahr zurückgehen wird, und zwar mehr als durch sinkende Produktions- und Importvolumina verursacht. Die Reichweite der Lagerbestände wird – weil bezogen auf die (fallende) Nachfrage – noch stärker steigen. Was bewegt uns trotz dieses düsteren Ausblicks auf das Fundamentalumfeld für Erdgas einen Preis von USD 6.50 je Mio. BTU für Ende 2009 zu prognostizieren?



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Doch nicht allein die Fundamentaldaten bestimmen den Preis des NYMEX-Erdgas-Kontrakts. Wir glauben, dass sowohl spekulative Marktteilnehmer als auch das Verhältnis von Erdgas- und Ölpreis letztlich den Gaspreis für Erdgas bestimmen. Wie Grafik 4 zeigt, sind seit mehr als zwei Jahren die Spekulanten an der NYMEX (nur Futures) netto-short. Sie blieben auch netto-short, als sich im 3. Quartal 2008 die absolute Anzahl der (spek.) Kontrakte deutlich verringerte und die Erdgaspreise fielen.



[pagebreak] Wir glauben, dass das Investoreninteresse an Rohstoffen im Laufe des Jahres 2009 wieder steigen wird, insbesondere als Absicherung gegen Inflation, weil Inflationsängste angesichts der expansiven Geldmengenpolitik zunehmen werden. Bildlich gesprochen: alle Schiffe werden sich mit der Gezeitenströmung nach oben bewegen, insbesondere Energiepreise wie der NYMEX-Erdgas-Kontrakt.

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Die Grafiken 5 und 6 zeigen den Preisunterschied zwischen Erdgas und WTI bzw dem NYMEXHeizöl-Kontrakt. Während der letzten Monate stieg der Preisabstand zwischen nachstfälligen WTI und Henry Hub Kontrakt, die künftigen Abstände werden als konstant auf gegenwärtigem Niveau eingepreist. Heizöl weist das gleiche Phänomen bei künftigen Preisdifferenzen auf. Obwohl sich Erdgas- und Rohölpreise während der letzten Wochen (Grafik 7) voneinander abgekoppelt haben, glauben wir, dass sich das bisherige Verhältnis wieder herstellt (Grafik 8) und zu einem Erdgaspreis von USD 6,50 je mmBTU zu Jahresende führen wird.

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: "Rohstoffe kompakt", Commerzbank AG





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