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Getreide, Ölsaaten, Baumwolle: Wer gibt den Ton an?

23.08.2017 | 10:07 Uhr | Eugen Weinberg, Commerzbank AG

Die Weizenernten auf der nördlichen Halbkugel sind nahezu abgeschlossen. Die weltweite Versorgungslage dürfte dank einer Rekordernte in Russland entspannt bleiben. Bei Mais und Sojabohnen sorgen derzeit hohe US-Ertragsschätzungen durch das US-Landwirtschaftsministerium USDA bei gleichzeitig durchwachsenen Pflanzenbewertungen für Unsicherheit.

Das USDA und der Internationale Getreiderat prognostizieren allerdings jeweils eine rückläufige US-Maisproduktion und ein markantes globales Marktdefizit 2017/18. Bei Sojabohnen ist dagegen nach rekordhohen Ernten in den USA und Südamerika keine Anspannung der Versorgungslage zu erwarten. Bei Baumwolle ist mit einem weiteren deutlichen Bestandsaufbau außerhalb Chinas zu rechnen.

Der Weizenpreis in Chicago schoss zwischen Anfang Juni und Anfang Juli um 30% nach oben. In der ersten Juliwoche erreichte er mit gut 570 US-Cents den höchsten Stand seit zwei Jahren (Grafik 1). Ende Juli ist er wieder unter die Marke von 500 US-Cents je Scheffel abgesackt und handelt inzwischen wieder in der Spanne von 400-460 US-Cents je Scheffel, die bis auf wenige Ausnahmen in den ersten fünf Monaten Bestand hatte. Den zwischenzeitlich massiven Preisanstieg ausgelöst hatte die Dürre in den nördlichen Anbaugebieten des Mittleren Westens der USA, die die Entwicklung des dort heranwachsenden proteinreichen Sommerweizens massiv beeinträchtigte.

Laut einer Besichtigungstour durch die betroffenen Anbaugebiete in Nord-Dakota und den angrenzenden Regionen Minnesotas und Süd-Dakotas sind dort die niedrigsten Ernteerträge seit neun Jahren zu erwarten. Zwar reduzierten der Internationale Getreiderat IGC und das US-Landwirtschaftsministerium USDA ihre Schätzung für die USWeizenernte im Juli um jeweils 2 Mio. Tonnen auf ca. 47 Mio. Tonnen, was einem Minus von rund 25% gegenüber 2016/17 entspricht.

Der Großteil dieses starken Rückgangs war aber schon vor der Dürre erwartet worden und ist auf eine geringere Anbaufläche zurückzuführen. Während dies Preisaufschläge für den wohl knappen proteinreichen Weizen sicher rechtfertigt, bleibt es für die Welt insgesamt aber bei einer üppigen Versorgung mit Weizen (Grafik 2).

Die Schätzung des USDA für die weltweite Produktion liegt im August bei 743 Mio. Tonnen und damit nur knapp 2% unter dem Rekordniveau des Vorjahres. Das USDA geht zudem von einem globalen Angebotsüberschuss von 6 Mio. Tonnen und einem Anstieg der weltweiten Endbestände auf rekordhohe 265 Mio. Tonnen in der Saison 2017/18 aus. Auch das bei der FAO angesiedelte Marktinformationssystem AMIS erwartet einen weiteren Überschuss. Der IGC rechnet im Gegensatz dazu mit einem geringen globalen Angebotsdefizit von 3 Mio. Tonnen. Einen nennenswerten Lagerabbau vom diesjährigen Rekordniveau dürfte es somit aber auch laut IGC nicht geben.



Zwar soll auch in Australien die Ernte nach dem Rekordjahr 2016/17 um mehr als zehn Mio. Tonnen zurückfallen und auch in Kanada die Ernte um fünf Mio. Tonnen sinken. Andernorts werden die Ernteprognosen aber angehoben. Heraus sticht dabei Russland, für das das USDA seine Ernteerwartung zwischen Mai und August um stolze 10,5 Mio. Tonnen auf ein Rekordniveau von 77,5 Mio. Tonnen anhob (Grafik 3). Ähnlich optimistische Schätzungen gaben zuletzt auch die russischen Prognoseinstitute Ikar und SovEcon bekannt.

Im Schlepptau der internationalen Entwicklung stieg auch der Weizenpreis an der Euronext in Paris Anfang Juli auf fast 190 Euro je Tonne, das höchste Niveau seit fast zwei Jahren (Grafik 1). Analog zur Preisentwicklung in Chicago gaben aber auch die Notierungen in Paris die Gewinne wieder vollständig ab. Der meistgehandelte Terminkontrakt handelt aktuell nur noch bei 160 Euro je Tonne auf einem 9-Monatstief. Knappheit an Weizen dürfte es auch in der EU nicht geben. Für die EU als Ganzes wird von einem Anstieg der Ernte um gut 9 Mio. Tonnen gegenüber dem vor allem wegen der schlechten französischen Ernte enttäuschenden Vorjahr ausgegangen.

Allerdings ist die regionale Entwicklung sehr unterschiedlich. In Frankreich dürfte sich die Ernte auf ein Normalmaß erholen. In Deutschland soll die Ernte dagegen unter dem Durchschnitt der letzten Jahre liegen. Vor allem aber beunruhigen Meldungen von hitzebedingten Schäden in Südeuropa. Da hier wohl in dieser Saison ein erhöhter Bedarf an Importen aus anderen EU-Ländern besteht, bleibt weniger Ware zum Export auf den Weltmarkt. Entsprechend mager ist der von der Kommission unterstellte Zuwachs der EU-Weizenexporte von nur gut 7% gegenüber dem sehr enttäuschenden Vorjahr, als die Exporte gegenüber 2015/16 um rund ein Viertel einbrachen.

Besonders gelitten hatte Frankreich, dessen Weichweizenexporte in Länder außerhalb der EU sogar um 61% eingebrochen waren. Doch die wieder hohe Menge Weizen aus der Schwarzmeerregion verspricht zusätzlich auch 2017/18 harte Konkurrenz auf den Absatzmärkten. Zusätzlich wird die Wettbewerbsfähigkeit für die europäischen Weizenexporteure durch den zeitweise auf ein 2½-Jahreshoch gestiegenen Euro erschwert (Grafik 4).

Das Aufwärtspotenzial bei den Weizenpreisen dürfte wegen der weiterhin reichlichen globalen Versorgungslage begrenzt sein. Der Großteil der Winterweizenernte auf der Nordhalbkugel ist mittlerweile eingebracht, was die Abhängigkeit von Wetternachrichten verringert. Die gesenkten Ernteprognosen bei Sommerweizen in den USA, in Kanada und in Australien spiegeln die wetterbedingten Ausfälle bereits hinreichend wider, so dass hier auch keine größeren negativen Überraschungen mehr drohen. Wir prognostizieren für Q4 2017 einen Weizenpreis in Chicago von 450 US-Cents je Scheffel.

[pagebreak]Unsere Prognose für den EU-Weizenpreis in Paris für Q4 2017 lautet auf 170 EUR je Tonne. Da der Weizenpreis in Paris vornehmlich von der Angebotslage in Frankreich bestimmt wird, spielen die Ernteausfälle in den EU-Ländern außerhalb Frankreichs momentan noch kaum eine Rolle.

Das für den Export zur Verfügung stehende Angebot aus Russland dürfte im Jahresverlauf zurückgehen, so dass EU-Weizen, v.a. aus Frankreich, danach wieder stärker gefragt sein dürfte. Dann könnten auch die besagten Knappheiten in Teilen der Europäischen Union eine Rolle spielen, da sie das Exportpotenzial der EU begrenzen. Sowohl in Paris als auch in Chicago dürfte der Weizenpreis 2018 moderat steigen.

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Mais:

Am globalen Maismarkt deutet sich eine Wende an: Nach einer Reihe von Überschussjahren, die zuletzt noch von Rekordernten in den USA, Brasilien und Argentinien gekrönt wurden, dürfte das kommende Jahr 2017/18 ein erhebliches Angebotsdefizit aufweisen (Grafik 5). Das USDA beziffert dieses in seiner August-Schätzung auf 28 Mio. Tonnen, der IGC derzeit sogar auf 34 Mio. Tonnen. In den USA wurde eine um 3% reduzierte Fläche mit Mais eingesät und auch die Pflanzenbewertungen liegen nach dem Ausnahmejahr 2016 derzeit wieder näher am Durchschnitt der Vorjahre.

Das USDA geht deshalb davon aus, dass in diesem Jahr 6,5% weniger Mais geerntet wird - noch immer aber die zweithöchste Menge aller Zeiten. Die US-Maisexporte sollen entsprechend um 9,5 Mio. Tonnen oder 17% fallen. Der IGC erwartet sogar einen Rückgang der US-Erntemenge um 8,5%. Leicht rückläufige Maisernten werden nach den 2016/17erzielten Rekordwerten auch für Brasilien und Argentinien vorhergesagt (Grafik 6).

Das USDA erwartet dennoch bei beiden Ländern stabile Exporte, während der IGC mit einem Rückgang um 2,5-3,5 Mio. Tonnen rechnet. In Südafrika ist mit einem kräftigen Rückgang der Produktion und der Exporte zu rechnen. Auch die Ukraine dürfte bestenfalls ein wenig mehr Mais ernten als im Vorjahr und die Exporte auf dem Vorjahresniveau verharren. Für die EU-Maisernte prognostiziert das USDA inzwischen einen Rückgang um knapp 2% gegenüber 2016/17.

Die EU-Kommission rechnet anstelle eines ursprünglich auf 10% angegebenen Plus gegenüber der Erntemenge des Vorjahres nun sogar mit einem Rückgang um 4,4% auf ein 5-Jahrestief von 58,4 Mio. Tonnen. Die zunächst erwartete deutliche Flächenausdehnung hat sich nicht realisiert. Hinzu kommen deutlich geringere Erträge aufgrund von Hitze und Trockenheit in den südöstlichen Ländern der EU. Davon waren auch bedeutende Maisproduzenten wie Ungarn und Rumänien betroffen. Die Maisimporte in die EU sollen in der Folge auf ein Rekordniveau von gut 15 Mio. Tonnen steigen.

Als wichtigster Anbieter kommt nur die Ukraine in Frage, da die USA wegen der genmodifizierten Maissorten als alternativer Anbieter weitgehend ausscheiden. Dennoch hat die EU entschieden, erstmals seit drei Jahren wieder Zölle auf Maisimporte zu erheben. Damit soll die relative Verteuerung der heimischen Ware gegenüber ausländischer Ware aufgrund der Euroaufwertung ausgeglichen werden. Dass Mais in der EU teurer sein sollte als auf dem Weltmarkt, ist aufgrund der prognostizierten Knappheit plausibel.

Allerdings ist der Maispreis in Paris als Benchmark momentan in seiner Aussagekraft begrenzt, da er weitgehend die Versorgungslage in Frankreich reflektiert. Dort soll die Maisernte im Gegensatz zur EU insgesamt im Vorjahresvergleich steigen. Das französische Agrarministerium erwartet, dass die Maisernte des Landes zwar deutlich unter dem 5-Jahresdurchschnitt bleibt, aber immerhin 9% höher als im Vorjahr ausfällt.

Der Maispreis in Chicago hat im Schlepptau von Weizen im Juli erstmals seit gut einem Jahr kurzzeitig die Marke von 400 US-Cents je Scheffel überschritten (Grafik 7). Aktuell notiert er vor allem wegen der zuletzt besseren Wetterbedingungen in den USA nur noch bei 365 US-Cents je Scheffel.

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Das sich abzeichnende deutliche Angebotsdefizit und der damit verbundene merkliche Abbau der globalen Maisbestände sowie das geringere Exportangebot bei gleichzeitig rekordhohen Importen aus der EU sprechen für einen wieder steigenden Maispreis.

Wir prognostizieren einen Anstieg auf 380 US-Cents je Scheffel im vierten Quartal 2017. Im nächsten Jahr gehen wir von einem weiteren Preisanstieg auf 400 US-Cents je Scheffel im Jahresdurchschnitt aus. Den Preis in Paris erwarten wir im vierten Quartal 2017 bei 170 Euro je Tonne und bei 175 Euro je Tonne im Jahresdurchschnitt 2018. Denn wenn die außerhalb Frankreichs zunehmende Knappheit an EU-Mais immer mehr auch innerhalb Frankreichs spürbar wird, dürfte dies dem Preis einen Impuls geben.


[pagebreak]Sojabohnen und Raps:

Der globale Sojabohnenmarkt soll laut USDA im zu Ende gehenden Erntejahr 2016/17 einen beträchtlichen Angebotsüberschuss von mehr als 20 Mio. Tonnen aufweisen. Hauptverantwortlich hierfür ist ein kräftiger Anstieg der weltweiten Produktion um fast 40 Mio. auf rekordhohe 352 Mio. Tonnen, während der globale Verbrauch "nur" um 15 Mio. Tonnen zulegt. In allen drei wichtigen Produzentenländern stiegen die Ernten laut USDA auf ein Rekordniveau.

In den USA wurden im letzten Herbst 117 Mio. Tonnen Sojabohnen eingebracht, für die ebenfalls abgeschlossene Ernte in Brasilien gehen das USDA und die staatliche brasilianische Prognosebehörde Conab von 114 Mio. Tonnen aus. Auch in Argentinien ist die Ernte abgeschlossen. Diese soll sich laut USDA auf 58 Mio. Tonnen belaufen. Die Getreidebörse von Buenos Aires liegt mit ihrer Schätzung von 57,5 Mio. Tonnen knapp darunter.

Für 2017/18 prognostiziert das USDA eine etwas geringere weltweite Erntemenge von 347 Mio. Tonnen, was aber noch immer die zweithöchste Ernte aller Zeiten wäre. Einigermaßen verlässliche Aussagen lassen sich aber erst für die USA treffen. Und hier rechnet das USDA sogar mit einem weiteren Anstieg der Erntemenge auf rekordhohe 119 Mio. Tonnen (Grafik 8).

Die mit Sojabohnen bestellte Anbaufläche wurde im Frühjahr um 7% ausgeweitet. Gleichzeitig unterstellt das USDA einen um 5% geringeren durchschnittlichen Flächenertrag gegenüber dem Spitzenwert im Jahr 2016. Die für 2017 unterstellten 49,4 Scheffel je Morgen liegen aber über dem im Jahr 2015 erreichten Niveau, obwohl die momentane Bewertung des Pflanzenzustands nicht nur deutlich unter dem sehr hohen Vorjahresniveau, sondern auch unter dem Niveau von 2015 liegt. Das USDA könnte daher mit seiner Annahme zum Flächenertrag zu optimistisch sein und seine Ernteschätzung in den kommenden Monaten nach unten revidieren.

Der IGC erwartet dagegen bereits eine deutlich geringere US-Erntemenge von 113 Mio. Tonnen. Da die Aussaat in Südamerika erst im Oktober beginnt, sind die Prognosen des USDA für die nächsten Ernten in Brasilien und Argentinien von 107 Mio. Tonnen bzw. 57 Mio. Tonnen lediglich grobe Annahmen basierend auf langfristigen Trenderträgen und Anbauplänen ähnlich zum Vorjahr.

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Die globale Sojabohnennachfrage soll laut USDA-Schätzung 2017/18 auf ein Rekordniveau von 343 Mio. Tonnen steigen. Dominierender Akteur auf der Nachfrageseite ist weiterhin China. Im Erntejahr 2016/17 übertraf der chinesische Verbrauch erstmals die Schwelle von 100 Mio. Tonnen. Bei einer Eigenproduktion von 13 Mio. Tonnen stiegen die Importe auf ein Rekordniveau von 91 Mio. Tonnen. Im Juli überstiegen die chinesischen Sojabohneneinfuhren erstmals in einem Monat die Marke von 10 Mio. Tonnen (Grafik 9).

Für 2017/18 geht das USDA von einem weiteren Anstieg der Nachfrage Chinas auf 108 Mio. Tonnen und der Importe auf 94 Mio. Tonnen aus. Damit gehen fast zwei Drittel der weltweiten Importmenge nach China. Die seit einigen Monaten negativen Verarbeitungsmargen deuten aber darauf hin, dass China möglicherweise weitaus mehr Sojabohnen importiert als zur Tierfütterung benötigt.

Die Produktion von Sojamehl übertrifft bereits seit Jahren den heimischen Verbrauch, so dass China zu einem Netto-Exporteur des in erster Linie für die Tierfütterung verwendeten Produktes geworden ist. Eine geringere Importnachfrage aus China wegen der negativen Verarbeitungsmargen würde die weltweite Nachfrage nach Sojabohnen stark treffen, denn es ist zweifelhaft, ob andere Länder bzw. Regionen in die Bresche springen können. Der nächstgrößere Sojabohnenimporteur ist die EU mit knapp 15 Mio. Tonnen.

Treffen die Einschätzungen des USDA ein, weist der globale Sojabohnenmarkt auch 2017/18 einen nochmaligen - wenn auch geringeren - Angebotsüberschuss von 4 Mio. Tonnen auf. Die weltweiten Endbestände würden daraufhin auf ein Rekordniveau von 98 Mio. Tonnen steigen. Der IGC erwartet aufgrund seiner geringeren Ernteschätzung für die USA und einer etwas höheren weltweiten Nachfrage dagegen ein globales Angebotsdefizit von 5 Mio. Tonnen.

Beide Schätzungen deuten darauf hin, dass der Sojabohnenmarkt nahezu ausgeglichen sein dürfte und schon kleine Abweichungen bei Angebot oder Nachfrage den Markt in die eine oder andere Richtung kippen lassen können. Unsicherheiten gibt es wie oben skizziert reichlich.

Der Sojabohnenpreis an der CBOT stieg im Einklang mit Weizen und Mais Anfang Juli auf ein 4-Monatshoch von fast 1.050 US-Cents je Scheffel. Im Zuge der darauf folgenden Korrektur bei den Getreidepreisen fiel die Notierung bei Sojabohnen wieder unter die Marke von 1.000 USCents. Der meistgehandelte Terminkontrakt handelte zwischenzeitlich bei 920 US-Cents je Scheffel auf dem niedrigsten Niveau seit Ende Juni. Die Perspektive eines abermals reichlichen und möglicherweise sogar rekordhohen Angebots in den USA spricht gegen eine nennenswerte Preiserholung.

Bei einer Abwärtsrevision der Ernteschätzung könnte der Preis aber nochmals in Richtung 1.000 US-Cents steigen. Dies wird aber unwahrscheinlicher, nachdem sich die Bedingungen zuletzt verbessert haben. Zudem dürfte auch das hohe Angebot aus Südamerika auf den Markt drücken. Spätestens wenn sich mit der Aussaat im vierten Quartal die Erwartungen erneut hoher Ernten in Südamerika bestätigen, dürfte der Preis wieder nachgeben, zumal bei der Nachfrage eher Abwärts- als Aufwärtsrisiken bestehen. Wir rechnen mit einem Sojabohnenpreis von 925 US-Cents je Scheffel im vierten Quartal 2017.

[pagebreak]Nach den herben Verlusten im Frühjahr, als der Rapspreis von rund 430 Euro auf rund 350 Euro je Tonne purzelte, bewegt er sich nun seit Juli unter Schwankungen um die Marke von 370 Euro je Tonne (Grafik 10). Das USDA erwartet, dass nach dem Marktdefizit 2016/17 auch in der Saison 2017/18 die weltweite Rapsproduktion trotz neuem Ernterekord von 72,7 Mio. Tonnen nicht ganz ausreichen wird, um die laufende Nachfrage zu decken.

Auch wenn die Defizitschätzung zuletzt sogar erhöht wurde, sind die erwarteten 600 Tsd. Tonnen nicht dramatisch, wenn man die gute Versorgung mit Ölsaaten insgesamt dagegen hält. Dies macht es dem Rapspreis derzeit auch schwer, sich von der gedämpften Preisentwicklung bei Sojabohnen abzukoppeln. Dies unterscheidet die jetzige Situation von der im Sommer 2016. Damals kontrastierten die knappe Versorgung mit Raps insbesondere in der EU und die üppige weltweite Versorgung mit Sojabohnen besonders stark.

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Allerdings fällt in der Prognose des USDA das bereits in den Vorjahren deutlich rückläufige Lager-Verbrauchs-Verhältnis global weiter auf nur noch 6,5%, was den Rapspreis stützen sollte. Auch in der EU dürfte sich nur ein marginaler Anstieg auf weiterhin sehr niedrige 5,3% ergeben. Immerhin dürfte die Rapsproduktion in der EU laut Schätzung der EU-Kommission in diesem Jahr aber mit 21,6 Mio. Tonnen vor allem ertragsbedingt rund 10% höher sein als im enttäuschenden Vorjahr, ähnlich hoch wie 2015/16, aber deutlich unter dem Rekord von 24,3 Mio. Tonnen aus 2014/15. Das USDA unterstellt eine Erntemenge von 22 Mio. Tonnen (Grafik 11).

In Deutschland und Frankreich hatte Raps unter dem trockenen Herbst und Frostschäden im Winter gelitten. Dazu hatten instabile Wetterverhältnisse, insbesondere immer wiederkehrender Starkregen, die Ernte im Frühsommer erschwert. So dürfte die deutsche Produktion nur um 6% auf 4,9 Mio. Tonnen steigen - der deutsche Raiffeisen-Verband liegt in seiner August-Schätzung sogar unter Vorjahr und auch deutlich unter dem Durchschnitt der letzten 5 Jahre. Letzteres gilt laut EU-Kommission auch für Frankreich.

Allerdings ist das dortige Agrarministerium optimistischer und erwartet nach einer Aufwärtsrevision nun 5,22 Mio. Tonnen Raps und damit ein Plus von 12% gegenüber Vorjahr. In Polen soll die Rapsernte laut EU-Kommission sogar um ein Viertel über Vorjahr liegen. Insgesamt dürfte der Importbedarf der EU damit etwas geringer sein als im Vorjahr. Dieser soll von 4,8 Mio. Tonnen wieder auf den längerfristigen Durchschnitt von 3,5 Mio. Tonnen zurückkehren.

In Kanada dürfte die Erntemenge nur wenig steigen, obwohl die Fläche für (Sommer)-Raps wegen der höheren Rentabilität gegenüber Weizen um 12% auf einen neuen Rekord ausgedehnt wurde. Die Erträge dürften allerdings deutlich unter dem Vorjahr bleiben, so dass das kanadische Agrarministerium bisher mit einer Produktion von 19 Mio. Tonnen rechnet (Vorjahr 18,4 Mio. Tonnen). Das USDA ist dagegen mit 20,5 Mio. Tonnen und einem Plus von 2 Mio. Tonnen deutlich optimistischer. Allerdings haben sich nicht nur dort, sondern auch in Australien die Aussichten zuletzt eingetrübt.

In Australien dürfte die Produktion bei einer größeren Fläche, aber deutlich geringeren Erträgen als im rekordhohen Vorjahr laut der australischen Rohstoffbehörde Abares um 20% auf 3,3 Mio. Tonnen sinken. Deswegen und wegen der wieder höheren Produktion in der EU und der Ukraine dürften auch die australischen Exporte ähnlich stark einbrechen. Die EU hatte 2016/17 bei schlechter eigener Ernte und magerer Ernte im Hauptlieferland Ukraine ungewöhnlich viel Ware abgenommen.

Die Versorgung mit Raps bleibt also eng, was für Preisauftrieb spricht. Die noch immer entspannte Situation bei Sojabohnen dürfte den Rapspreis aber weiterhin deckeln. Wir erwarten für Q4 2017 einen Rapspreis in Paris von 380 EUR je Tonne. Im Jahr 2018 sehen wir einen moderaten Preisanstieg auf durchschnittlich 400 Euro je Tonne.

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Baumwolle:

Trotz einer deutlich steigenden US-Baumwollfläche hatten gute US-Exportzahlen den Baumwollpreis im Frühjahr nach oben getrieben. Dem Preisanstieg auf knapp 80 US-Cents je Pfund im April 2017 folgte im Mai der kurzzeitige Sprung auf ein Dreijahreshoch von über 85 US-Cents je Pfund. Der Anstieg hatte sich allerdings weitgehend in den Kontrakten abgespielt, die noch die Saison 2016/17 abbildeten. In Kontrakten mit Fälligkeit in der neuen Saison hatte sich der Preis dagegen kaum verändert, so dass die Terminkurve eine fallende Struktur aufwies (Backwardation).

Mit Blick auf die deutliche Entspannung der Angebotslage in der neuen Saison ließen die deutlichen Aufwärtsrevisionen bei der für 2017/18 zu erwartenden globalen Baumwollernte den Preis bis Ende Juni auf 66 US-Cents je Pfund purzeln. Eine weitere Aufwärtsrevision des Angebots ließ den Preis nach einem zaghaften Anstieg über den Sommer wieder absacken. Aktuell notiert Baumwolle mit Fälligkeit Dezember bei rund 67 US-Cents je Pfund.

[pagebreak]Zuletzt hat das USDA seine Prognose für die weltweite Baumwollproduktion 2017/18 um fast 2 Mio. Ballen (420 Tsd. Tonnen) angehoben. Dies beruht weitgehend auf einer höher geschätzten US-Produktion, die nun mit 4,47 Mio. Tonnen angesetzt wird, rund 20% höher als im Vorjahr. Schon früh war flächenbedingt von einem deutlichen Zuwachs der in den USA produzierten Baumwollmenge ausgegangen worden. Zwar wurde vom USDA der starke Anstieg US-Erntefläche etwas zurückgenommen.

Viele Marktbeobachter hatten bereits zuvor die bisher vom USDA angesetzte Aufgaberate als zu niedrig erachtet, nachdem es in einigen Regionen zu nass, in vielen anderen aber auch deutlich zu trocken war. Dafür werden vom USDA nun anders als bisher die Erträge höher als im Vorjahr erwartet. Sie sollen sogar den bisherigen Rekord aus der Saison 2012/13 ablösen. Und in Indien, dem weltgrößten Baumwollproduzenten, besteht nach zwei mäßigen Jahren nach dem guten Monsunregen und einer größeren Fläche berechtigte Hoffnung auf eine deutlich bessere Ernte (USDA-Schätzung +7,3%).

Für die Welt als Ganze geht das USDA daher nun nach zwei Defizitjahren für 2017/18 von einem ausgeglichenen Markt aus. Das USDA bleibt zwar bei dem erwarteten weiteren Lagerabbau in China um rund 2 Mio. Tonnen. Für den Rest der Welt fällt der erwartete Lageraufbau dagegen mit fast 2 Mio. Tonnen nun noch größer aus als bisher erwartet. Die weltweiten Endbestände außerhalb Chinas sollen auf gut 11 Mio. Tonnen steigen, die in China auf 8,6 Mio. Tonnen fallen.

Chinas Anteil an den Weltbeständen sänke dadurch erstmals seit vielen Jahren auf unter die Hälfte ab. Das Internationale Cotton Advisory Committee ICAC ist mit seiner weltweiten Produktionsprognose noch vorsichtiger als das USDA. Zwar geht auch das ICAC von einer - vom niedrigsten Niveau seit Jahrzehnten - steigenden weltweiten Baumwollfläche aus, ist aber bei den Erträgen vorsichtiger. Dies gilt insbesondere für die US-Produktion.

Hier unterstellt das ICAC derzeit nur einen Anstieg um 10%. Auch für Indien erwartet das ICAC einen niedrigeren Anstieg als das USDA. Vor allem deswegen erwartet das ICAC einen geringeren Anstieg der Lagerbestände außerhalb Chinas um 1,5 Mio. Tonnen.

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Chinas Baumwollimporte sollen sich laut USDA und ICAC 2017/18 wie 2016/17 auf rund 1,1 Mio. Tonnen belaufen. Dies wäre immerhin etwas mehr als 2015/16, als die Einfuhren auf weniger als 1 Mio. Tonnen und damit den niedrigsten Stand seit 2002/03 gefallen waren. Höhere Importe scheinen kaum möglich. Denn die Produktion soll auch in China sowohl flächen- als auch ertragsbedingt laut des chinesischen Landwirtschaftsministeriums um 9,5% steigen, laut ICAC und USDA immerhin um gut 7%, und damit jeweils deutlich stärker als die Nachfrage.

Zudem dürfte China dem Abbau der Lagerbestände weiterhin Vorrang geben und die zollfreien Importe begrenzt halten. Das Lager-Verbrauchs-Verhältnis liegt selbst nach dem erwarteten Lagerabbau Ende 2017/18 noch immer bei gut 100%. Vor dem rasanten Anstieg der Lagerbestände im Jahr 2011/12 lag es noch deutlich niedriger.

Die inzwischen immer entspannter gezeichnete Versorgungslage mit Baumwolle - die Aufwärtsrevisionen bei der Ernte 2017/18 summieren sich seit der ersten USDA-Prognose auf der Outlook-Konferenz Ende Februar auf 2 Mio. Tonnen - dürfte kurz- und mittelfristig wenig Preisauftrieb zulassen. Wir bleiben daher bei unserer Preisprognose von 68 US-Cents je Pfund im vierten Quartal 2017. Im nächsten Jahr dürfte es für den Preis nur moderat aufwärts gehen. Wir erwarten für 2018 einen Durchschnittspreis von 72 US-Cents je Pfund.


Auf einen Blick

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: 'Rohstoffe kompakt', Commerzbank AG



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