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Edelmetalle Aktuell

11.09.2009 | 9:00 Uhr | Wolfgang Wrzesniok-Roßbach

Gold

Nach einer anfänglichen Seitwärtsbewegung rund um das vorletzte Wochenende war es soweit: Der Goldpreis sprang am Mittwoch letzter Woche durch den in unserem letzten Bericht erwähnten, sehr wichtigen Chartpunkt bei $ knapp über 960 $ und nahm erwartungsgemäß umgehend Fahrt in Richtung der Marke von 1.000 $ je Unze auf.

Dieses auch psychologisch so wichtige Niveau erreichte das gelbe Metall dann schließlich an diesem Dienstag. Am Ende erreichte der Goldpreis 1.007,50 Dollar je Unze. Damit übersprang das Metall sogar leicht das Niveau von 1.005 $ je Unze; das Mitte Februar erreichte, bisherige Jahreshoch.

Bei seinem Anstieg hat sich das Metall diesmal von den sonst so einflussreichen Treibern Ölpreis und US-Dollar abgekoppelt. Der Dollar verlor zwar später deutlich an Wert und sank z.B. gegenüber dem Euro auf fast 1,46, allerdings fand diese Bewegung eindeutig erst nach dem Goldpreisanstieg statt.

Schon mehr geholfen haben dürfte dem Goldpreis eine Absichtserklärung des weltgrößten Goldproduzenten Barrick Gold, für 3 Mrd. Dollar neue Aktien zu emittieren, um mit dem Erlös die noch immer bestehenden Terminsicherungsgeschäfte in Höhe von 9,5 Mio. Unzen abzulösen. Barrick will sich, so das Unternehmen, dadurch voll einem nach eigener Einschätzung weiter steigenden Goldpreis aussetzen und verzichte in Zukunft auf jegliche Absicherung gegen fallende Preise. Wir würden nicht ausschließen, dass bereits Gold im Vorfeld dieser Nachricht aufgekauft wurde und dieser Umstand dann zu dem Anstieg in den letzten Wochen beigetragen hat.

Was den Verbleib über der Marke von 1.000 $ angeht, ist eine Reihe von Analysten derzeit eher skeptisch. So warnte die UBS davor Gold auf dem aktuellen Niveau zu kaufen (“Don‘t buy gold at 1.000 $“). Aber es gibt auch andere Stimmen: Die Standard Bank sieht einen maximalen Preis von 1.100 $ vorher, zwei Hedge-Fonds haben in dieser Woche (vermutlich nicht ganz ohne Eigeninteresse) Kursziele von 1.250 $ bzw. 1.600 $ ausgegeben.

Wir glauben, dass viel von der Bewegung in den nächsten Tagen abhängen wird. Sollte es das gelbe Metall nun zum dritten Mal in 1,5 Jahren nicht schaffen, sich dauerhaft über der Marke von 1.000 $ zu etablieren, könnte es durchaus sein, dass sich der eine oder andere langfristig planende Investor aus dem gelben Metall verabschiedet. Der Preis würde dann sicher verstärkt unter Druck kommen. Es wird deshalb in den nächsten Wochen spannend sein zu beobachten, wie sich die ausstehenden Positionen bei den ETFs entwickeln.

Fundamental, darauf haben wir ja auch schon in unserem letzten Bericht hingewiesen, spricht derzeit nicht allzu viel für eine anhaltende Hausse auf dem Goldmarkt. Das industrielle Kaufinteresse ist weiter niedrig, die physische Nachfrage nach Investmentbarren ist nicht schlecht, aber weit von den Höchstmengen des vierten Quartals 2008 und des ersten 2009 entfernt und die Schmucknachfrage liegt weiter am Boden. Hierzu gab es in dieser Woche neue Zahlen aus Indien und der Türkei.

Auf den Subkontinent, dem wichtigsten Absatzmarkt für physisches (Schmuck-)Gold, sei die Nachfrage im August im Vergleich zum Vorjahr um 85% gefallen, so ein Vertreter der Bombay Bullion Association. Auch die Zahl für den bisherigen Gesamtjahresverlauf sehe kaum besser aus, von Januar bis August seien nur 84 Tonnen nach Indien importiert worden und damit 68% weniger als im Vorjahr.

Allerdings gab es in der letzten Woche auch andere Zahlen zu den Einfuhren nach Indien. Die Lobby-Organisation der Goldproduzenten, das World Gold Council, berichtete, dass die Importe im Juli im Vergleich zum Vorjahr um fast 8% gestiegen seien. Auch im August habe es wieder ein Plus gegeben. Lokale Analysten kommentierten die jeweiligen Zahlen dahingehend, dass diese kaum vergleichbar seien und dass hier jede der beiden Organisationen ihre unterschiedlichen Interessen vertrete. Einig waren sich allerdings alle Marktbeobachter zumindest dahingehend, dass die Zahl für das Gesamtjahr deutlich im Minus liege. Hier weist selbst das WGC ein Minus von 55% aus.

In der Türkei, das Land gehört ebenfalls zu den drei weltweit wichtigsten Absatzmärkten für Gold, lagen die Importe im August bei 12,5 Tonnen. Dies war ein Minus gegenüber dem Vorjahr von 74%. Für das Gesamtjahr liegt der Rückgang sogar noch höher, nämlich bei 77%.

Auf der anderen Seite steigt derzeit das Angebot wieder deutlich, zumindest auf dem aktuellen Preisniveau. Unsere Kollegen in Hongkong berichten so über einen deutlich wachsenden Rücklauf an Altgold, seit sich der Preis in Regionen oberhalb der Marke von 990 $ aufhält.

Was die Neuproduktion angeht, gab es erstmals seit längerem Berichte über eine (leicht) steigende Ausbringung in Südafrika. Das Plus im zweiten Quartal gegenüber dem Vorquartal betrug allerdings gerade einmal 0,4% auf 51,6 Tonnen und im Jahresvergleich lag die Produktion immer noch um 9,3% niedriger. Schon 2008 war die Produktion auf das niedrigste Niveau seit 86 Jahren gefallen, inzwischen ist das Land am Kap nur noch der weltweit drittgrößte Produzent nach China und den USA.

In Australien gaben zu diesem Thema vorgestern ein Vertreter der Minengesellschaft Focus Minerals die Einschätzung ab, dass die höheren Preise zu einer deutlichen Steigerung der heimischen Neuproduktion führen würden. Focus selbst plant dank der hohen Goldpreise eine Verdoppelung der Produktion in den nächsten beiden Jahren.


Silber

Der Silberpreis ließ sich in den letzten zehn Tagen einmal mehr vom Goldpreis leiten und stieg mit in der Spitze 16,81 $ je Unze ebenfalls auf den höchsten Stand seit der allgemeinen Haussephase im Frühjahr letzten Jahres an. Auch hier gilt, dass es nicht die industrielle Nachfrage ist, die den Preis treibt; im Gegenteil, diese ist nach Aussage von Händlern derzeit so gut wie “tot“.

Die langfristige Investmentnachfrage nach ETFs ist ebenfalls verhalten (hier gab es letzte Woche nur ein bescheidenes Plus von etwa 8 Tonnen) und auch Barren sind, im Gegensatz zu jenen aus Gold, derzeit kaum gefragt. Dagegen haben in der letzten Woche die überwiegend spekulativen Positionen an den Terminbörsen massiv um rund 10%, bzw. über 80 Tonnen zugenommen.

Was die weitere Entwicklung angeht, wird viel davon abhängen, ob ein eventueller Goldpreisanstieg das Silber über die Marke von 17 $ wird tragen können. In diesem Fall würde ein wichtiger Chartpunkt durchbrochen und das weiße Metall könnte zusätzlich eine Eigendynamik entwickeln. Auf der anderen Seite würde ein Preisverfall unter 16,35 $ ein negatives Signal setzen.




[pagebreak]Platin

Nach einem verhaltenen Handelsstart im Bereich von 1.240 $ je Unze nach der Abfassung unseres letzten Berichts, brach die Platinnotierung am Dienstag vor einer Woche erst einmal deutlich ein. Das Metall fiel dabei auf nur noch 1.197 $ zurück, den niedrigsten Stand der letzten vier Wochen.

Händler begründeten den Rückschlag mit den Nachrichten über ein Ende der finanziellen Unterstützung für Autokäufe in den USA und besonders auch in Deutschland. In beiden Ländern hatten die Programme über einen mehr oder weniger großen Zeitraum eine deutliche Entspannung auf den Automärkten gebracht. In den USA gab es so letzten Monat ein Plus von 1% gegenüber dem Vorjahr und von 26% gegenüber dem Vormonat Juli. In Amerika wurden durch das “Cash for Clunker“-Programm insgesamt 690.000 Autos gefördert, die meisten davon im August, etliche aber auch schon im Juli.

In Deutschland sorgte die Abwrackprämie im August für ein Zulassungsplus von 28,4% auf über 275.000 Autos. Kumuliert liegt der Neuwagenabsatz für das Jahr 2009 hierzulande bei bisher 2,8 Mio. PKWs. Der Zugewinn durch das Förderprogramm könnte so bei bis zu 800.000 Fahrzeugen gelegen haben, die anderweitig in diesem Jahr nicht gekauft worden wären. Zusammen mit einem Plus von vielleicht 300.000 zusätzlichen Verkäufen in den USA dürften alleine diese beiden Abwrackprämien einen Mehrverbrauch an Platinmetallen von bis zu 5 Tonnen gebracht haben.

Zu dieser Steigerung gesellen sich dann aber auch noch weitere Programme in anderen europäischen Ländern sowie die weltweit größte Erfolgsgeschichte in diesem Jahr, was die Neuzulassungen angeht: In China, das Autoverkäufe derzeit durch Steuervergünstigungen fördert, ist deren Anzahl im August gegenüber dem seinerzeit etwas schwächelnden Vorjahresmonat um sage und schreibe 90% auf 858.300 Autos gestiegen.

Alles in allem wird klar, dass sich die Platinmetallproduzenten wohl mit Nachdruck bei den Steuerzahlern der vielen Länder mit Förderprogrammen bedanken dürfen, denn ohne diese Programme hätte es in diesem Jahr mit hoher Wahrscheinlichkeit ziemlich düster ausgesehen, was den Verbrauch dieser Metalle und damit auch die Preisentwicklung angeht.

Immerhin hat der Platinpreis nach dem ersten Schreck über das Auslaufen der finanziellen Anreize zum Autokauf wieder zulegen können, sicherlich auch mit Blick auf die sehr positive Entwicklung beim Goldpreis. Zeitweise handelte das weiße Metall sogar wieder nahe an der Marke von 1.300 $ je Unze, dies war das höchste Niveau seit Mitte des dritten Quartals 2008.

Ob es so positiv weitergeht, darf derweil bezweifelt werden. Immerhin heißt das Verschrotten von Millionen zusätzlichen Autos auch, das nun viele Katalysatoren recycelt werden und das Metall dem Markt zumindest mittelfristig wieder zufließt. Auch haben sich die Minengesellschaften in Südafrika inzwischen mit ihren Arbeitern geeinigt und die Streiks in den Bergwerken sind beendet. Durch den Ausstand bei Implats und Aquarius sei insgesamt eine Produktion In Höhe von 70.000 Unzen Platin verloren gegangen, so die beiden Gesellschaften. In der aktuellen Lage dürfte dies dem Preis sicher nicht geschadet haben. Wir würden in der aktuellen Lage jetzt erst einmal abwarten und zunächst nur den Tagesbedarf eindecken.


Palladium

Ähnlich wie beim Gold sind die Bestände in den beiden Palladium-ETFs in den vergangenen Tagen deutlich gestiegen. So nahmen die Positionen vor allem bei dem Produkt von ETF Securities zu, um beinahe zwei Tonnen in der letzten Woche und alleine gestern noch einmal fast um eine weitere Tonne. Insgesamt binden die beiden ETFs von der ZKB und von ETF Securities jetzt über 1 Mio. Unzen des weißen Metalls und damit doppelt so viele wie noch vor 18 Monaten auf dem Höhepunkt der langjährigen Preisrallye.

Für den Palladiumpreis selbst haben die Erfolgsmeldungen von der Investorenseite in den letzten Tagen keinen großen Zuwachs gebracht, daran hat auch der inzwischen beendete Streik im zweitwichtigsten Herkunftsland Südafrika nichts geändert. Zwar konnte das Metall dank der neuen Käufe einen kurzzeitigen Einbruch der Notierung auf 278 $ am Mittwoch letzter Woche rasch wieder ausbügeln, für einen Anstieg über die psychologisch wichtige Marke von 300 $ reichte es am Ende aber nicht.

Wahrscheinlich überwiegt derzeit bei den professionellen Marktteilnehmern und auch bei den industriellen Verbrauchern einfach die Sorge, dass der physische Verbrauch nach dem Auslaufen der Abwrackprämien in wichtigen Märkten wie Deutschland und den USA erst einmal wieder sinken dürfte und infolge dessen dann auch der Preis.

Auch wir würden in der derzeitigen Situation industriellen Marktteilnehmern trotz unserer grundsätzlich eher positiven Einschätzung für das Metall erst einmal zum Abwarten raten; die Lage scheint aktuell zu unübersichtlich, um sich auf dem jetzigen Preisniveau größer einzudecken.


Rhodium, Ruthenium, Iridium

Der Rhodiumpreis hat sich in den letzten zehn Handelstagen von der stabilen Seite gezeigt und notiert weiter nur bei 1.650 $ je Unze. Dies ist insofern überraschend, als wir eine massive Nachfrage aus dem Fernen Osten beobachten. Anscheinend gibt es aufgrund der starken Steigerung der chinesischen Autoverkaufszahlen (s.o.) einen nicht eingeplanten (und nicht durch Lieferverträge abgesicherten) Mehrverbrauch an Rhodium. Dieser könnte sich in diesem Jahr am Ende leicht auf 1-1,5 Tonnen summieren.

Hinzu kommt der steigende Benziner-Marktanteil in Europa. Dieser sorgt trotz des teilweisen Rückgangs der absoluten Autoverkaufszahlen auf einigen westlichen Märkten möglicherweise dafür, dass Metall von den Autofirmen auch nicht so einfach nach China umgeleitet werden kann.

Beide Faktoren sind ein Grund dafür, warum unserer Meinung nach mittelfristig mit fallenden Preisen auch weiterhin nicht zu rechnen ist.

Beim Ruthenium gibt es noch immer gutes Interesse sowohl auf der Kauf- wie auch der Verkaufsseite. Der Preis hat sich deshalb nicht bewegt. Auch die Notierung für Iridium ist praktisch unverändert, hier gibt es aber deutlich weniger Interesse.


© Wolfgang Wrzesniok-Roßbach
Heraeus Metallhandelsgesellschaft mbH





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